Die Berliner Mauer ein M rchen f r das M dchen

Dunst ;ber dem Wasser
und Feuer im Himmel
(„Smoke on the Water“, Deep Purple)

   Wir trinken Kaffee, rauchen, und sie zeichnet mit dem Finger die auf meinem schwarzen T-Shirt gedruckten Buchstaben nach:
- „Hard Rock Cafe, Berlin“ … du warst in Berlin?
- Wei;t du, was die Berliner Mauer ist?
- Nat;rlich … das ist doch … also ..., wei; ich nicht genau.
- Das war die Betonmauer zwischen West- und Ostberlin.
Vor zwanzig Jahren habe ich sie auseinandergenommen.
- Du?! Ernsthaft?
- Klar, ich – Gorbi und ich; und dann waren da noch Deutsche.
- Hattest du vor denen keine Angst? Warst du sowas wie James Bond? Hattest du eine Pistole?
Und Gorbi war dein Partner? Nun erz;hl doch schon!!
Sie rutscht aufgeregt hin und her; Wolken verdecken die Sonne, es wird dunkel, die Ger;usche des Ventilators in unserem R;cken erinnern an das Knattern eines Projektors, Schatten ziehen herauf. ...Ein roter „Ferrari“ und ein schwarzer „Porsche“ brausen von Nizza nach Monaco, dunkle Brillen verbergen die Gedanken, das Bein tritt das Gaspedal durch, der Wind zerzaust das Haar der sch;nen Br;netten...leichter Dunst zieht sich ;ber dem Meer zusammen...

* * *
...in der Hand hielt ich - nein, keine Pistole – ein Glas Sekt und schritt, bem;ht, niemanden anzusto;en, ;ber das Parkett des Festsaales der Botschaft auf der Unter den Linden; Gorbatschow war bereits abgeflogen, Honecker war schlafen gefahren, und die „Spione wie wir“, die Einfacheren, bem;hten sich, noch irgendetwas k;stlich-exotisches zu finden, oder wenigstens einfach schwarzen Kaviar, - der Empfang zu Ehren des 40.Jahrestages ging zuende. Die Stimmung bei allen war schon leicht bedenklich, und ich begab mich, nachdem ich mir den Bauch mit den Delikatessen der Botschaft vollgestopft hatte, hinaus in die Herbstnacht. Ich musste nach rechts, z;ndete mir eine Zigarette an: Berlin schlief auch noch nicht, eine Gruppe deutscher Genossen bewegte sich singend nach links Richtung Friedrichstra;e, man h;rte Rufe: „Gorbi, Gorbi!“; Dunst stieg von unten auf, der Himmel f;rbte sich bunt von der Explosion von Feuerwerksk;rpern; ich bog nach links ab.

Die Deutschen waren in heller Aufregung, aber das war nicht der fr;hliche L;rm von Betrunkenen, obwohl sie nat;rlich auch genug Bier getrunken hatten; sie strahlten irgendetwas f;r mich Unverst;ndliches aus: so etwas wie ;bermut; man h;rte Lieder, sah Fahnen, und es wurden immer mehr, ein ruhiger Bach verwandelte sich in einen rei;enden Strom.
...dort scheint es Freibier zu geben … Bier auf Whisky schafft manches Risiko … ach … da ist der Bahnhof … Sackgasse … Checkpoint Charly … die Grenze … die Mauer.
Wir schwammen mit dem Strom, hoben und senkten uns mit der Welle, drehten uns im Strudel … irgendetwas d;mmerte mir, als ich in das Gesicht eines gro;en Negers in amerikanischer Uniform blickte, der mich anl;chelte; der Strom verbreitete sich in der Ebene und ich begriff, dass wir schon in Westberlin waren … aber der Vorhang … wo war der eiserne VVV... mir klapperten vor Aufregung die Z;hne; ich bin durch die Mauer gegangen, es gab keinen eisernen Vorhang mehr. „Freiheit, Gorbi!“ Freiheit? F;r alle … auch f;r mich? Ich bin frei … alles ist erlaubt … f;r immer? Glauben konnte man es nicht, aber leugnen ebensowenig. Ich sah mich um, sah die Mauer und den Kran, der eines ihrer Teile abtrug; … die Mauer f;llt … Ordnung … System …

- Willst du einen Schluck? - unbekannte Menschen hielten mir einen Plastebecher hin, ich trank ihn aus – billiger deutscher Schaumwein, Sekt, - was Schmackhafteres habe ich in meinem ganzen Leben noch nie getrunken; - sie lachten, spritzten den Wein umher, seiften mit dem Schaum vor allem die M;dchen ein, die wehrten sich nicht, jauchzten vor Freude und k;ssten alle und jeden; mir wurde schwindlig im Kopf, es zog mich hinein in diesen Strudel … Luft … Freiheit …
***
In einer schwarzen halb zerfallenen Kirche kam ich wieder zu mir; Fr;hlichkeit auch hier
…Kurf;rstendamm … hierhin hat es mich verschlagen, ich atmete tief durch – es war eine andere Luft, ich z;ndete mir eine Zigarette an und lief, wohin mich meine F;;e trugen. Nach einem Block oder zwei wandten sich meine F;;e nach links, machten noch ein paar Schritte, blieben stehen: Genau ;ber mir, sechs Meter ;ber meinem Kopf, ragte aus der Wand ein Auto … tja … die Feier hat tats;chlich geklappt…was soll^s … Hard Rock Cafe? … ich atmete erleichtert auf und ging hinein. Erregender Sound drang mir durch den Rauchvorhang entgegen:
“Another Brick In the Wall“, es waren viele Menschen da, die W;nde mit Postern geschm;ckt, „Goldene Schallplatten“ und Gitarren lagen in erleuchteten Glasvitrinen. Ein gutes Endergebnis f;r die Freiheit … einen Platz zu finden w;re nicht schlecht.

- Hej, Bursche, setz dich zu uns und trink einen Schluck mit uns.

Nach einer Minute stand ein Bierkrug mit einer gotischen Aufschrift WARSTEINER vor mir,
ich trank ihn gleich zur H;lfte leer und schaute mich nach allen Seiten um. Was f;r sympathische Burschen, diese Deutschen sind, und warum liebt man sie bei uns nur nicht … Deep Purple l;sten Pink Floyd ab, und alle stimmten bei Gillan ein: „Smo...o..oke on the Water...“, irgendwer trat als Blackmore  mit Gitarre auf, ein anderer sang in sein langes Bierglas hinein. Ich sang mit allen mit und war bereit, f;r immer hier zu bleiben – wenn sie mich aufnehmen w;rden.

…ich ging die Wand entlang und betrachtete die Hardrocktroph;en: ein Foto mit den Unterschriften von Jimmi Hendrix und Jim Morrison; weiter zu einer Lightbox mit einer Gitarre – irgendetwas gab mir einen Sto; in der Brust … der wei;e Fender Stratocaster … woher komme ich… eine Aufschrift auf dem Korpus … ich kann sie nicht lesen … strenge meine Augen an … Warsteiner st;rt … Ritchie Blackmore? DIESE Gitarre h;rte ich f;nfzehn lange Jahren hinter dem eisernen Vorhang; genau diese? Dieses bezaubernde Btrett half mir Breshnew, Tschernenko, Andropow zu ;berleben … ich bin in Rom … der heilige Stuhl … der Papst … Du lieber Gott … ich knie mich nieder, f;r heute reicht es.

… ich f;hle eine Hand auf meiner Schulter … ER… selbstpers;nlich … mit einem Ruck erhebe ich mich und drehe mich um – vor mir steht eine Kellnerin: eine echte Brunhilde, ihr goldenes Haar umspielt den Montblanc ihrer Brust im quadratischen Ausschnitt … irgendwo bin ich … sie … schon … eine Alpenwiese … eine Weide … ja … wie aus der Werbung!

- Bist du Ossi?
- Ozzi?! Osbourne? …sehen wir uns denn so ;hnlich?...erleichtert atme ich aus – ich habs kapiert: „Nein, ich bin Russisch“
- Russisch…guuut … und wo ist Gorbi?
- Gorbi? Der ist kurz ausgetreten, er kommt gleich – bist du bereit?
- Ich bin immer bereit, du rrrussisher … W;;;stling!
… W;stling? Schnell senke ich den Blick auf meine Hose– alles in Ordnung. Sie schaut mir gerade in die Augen, gibt einen undefinierbaren Ton aus dem Unterleib von sich, packt mit beiden H;nden den Aufschlag meiner Jacke, zieht an ihren Montblanc und saugt sich so an meinen Lippen fest, als w;re die Arche Noah zerschlagen, alle umgekommen, und nur wir zwei stehen auf der Spitze des Ararat; ich dr;cke mich gegen die Scheibe der Lichtbox … die Gitarre! … nehme sie ;ber die Schulter, um zu drehen und rette das Heiligtum - Ich h;tte besser ein Streichholz an ein Pulverfass halten sollen – wir fallen auf das Ledersofa; man h;rt Gejohleund Gejubel … so ist das also … Theater … Harri der Steppenwolf … ich … jetzt verstehe ich alles … ich habe es kapiert … woher sie kommt … diese Freiheit …

***

Jetzt, nach zwanzig Jahren, verstehe ich: weder Gorbi noch ich oder selbst die Deutschen waren in der Lage, die Mauer einzurei;en und das ganze Durcheinander anzurichten, - das hat der alte Hermann gemacht: er hat uns alle in sein magisches Theater gesteckt, aber mir tut es leid, das M;dchen entt;uscht zu haben, und ich fange an:

… ich hielt ein Glas Sekt in der Hand und schritt, bem;ht, niemanden anzusto;en, ;ber das Parkett des Festsaales der Botschaft auf der Unter den Linden. Unser Mann kam zu mir und sagte: „Genosse Gorbatschow wartet im Auto auf Sie.“

Ich schlug leise die Hacken zusammen, stellte mein Glas ab und verlie; das Geb;ude – Dunst stieg von unten auf, der Himmel f;rbte sich bunt von der Explosion der Feuerwerksk;rper ...


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