Интервью Вольфганга Акунова о Первой Мировой войне

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Интервью Вольфганга Акунова о Первой Мировой войне на радиостанции "Голос России" 1 августа 2014 г.



Historiker Wolfgang Akunow ueber Lehren des Ersten Weltkrieges

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STIMME RUSSLANDS Historiker, Schriftsteller und Publizist Wolfgang Akunow spricht ueber den Ersten Weltkrieg: ueber vergessene Helden, vergessene Siege, vergessene Niederlagen und vergessene Lehren in Anbetracht der Lage um die Ukraine.

 
Teil 1

Niedergang des alten Europas

Das war ein Selbstmord der alten europaeischen Gesellschaft. Weil die groessten europaeischen Maechte, Grossmaechte, die in zwei Lager aufgeteilt waren: in die sogenannten Mittelmaechte, das Deutsche Reich, Oesterreich-Ungarn, die Tuerkei und Bulgarien, was haeufig uebersehen wird, einerseits, und andererseits die westlichen Alliierten, sozusagen, inklusive Russland, die sogenannte Entente, in erster Linie Grossbritannien mit all seinen Dominionen und Kolonien, Frankreich, Russland, die groessten Akteure und viele andere kleinere Spieler, wie Serbien und viele, viele Laender. Also am Ende des Ersten Weltkrieges haben beinahe hundert Laender auf aller Welt inklusive Chinas, USA, lateinamerikanischer Staaten, Deutschland und seinen Verbuendeten den Krieg erklaert...

Konnte Russland seine Beteiligung am Krieg vermeiden?

Natuerlich. Russland wurde zum Verhaengnis, in erster Linie, der alte Traum von den Dardanellen, vom Bosporus, von Konstantinopel als Hauptstadt der internationalen Orthodoxie. Mit zu den Kriegszielen Russlands gehoerte die Wiedererrichtung des Kreuzes auf der Hauptkuppel der Hagja Sofia in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, und dieses Kreuz ist bereits angefertigt worden und befand sich an Bord des Flaggschlachtschiffes der russischen Schwarzmeerflotte „Kaiserin Maria“. Dieses Schiff ist mysterioeserweise durch eine Explosion vernichtet worden im Verlauf des Krieges, keiner weiss genau, wieso es dazu gekommen war, aber das gehoert mit zu den erklaerten Kriegszielen Russlands. In Wirklichkeit aber...

Der Erste Weltkrieg - ein Krieg des neuen Typs

Rolle der Kriegspropaganda bei der Kriegsentfesselung und ideologischer Begleitung

Die grossen russischen Schriftsteller, Musiker, Kuenstler, Wissenschaftler haben den Eintritt Russlands in den Krieg unterstuetzt. Sie haben glaenzende Texte publiziert, die den Krieg verherrlicht haben.

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Teil 2

Warum nennt man den Ersten Weltkrieg in Russland einen vergessenen Krieg?

Es war eine sowjetische Tradition, den Ersten Weltkrieg als einen imperialistischen Krieg zu bezeichnen. Ausser dem Brussilow-Durchbruch, der Niederlage des Zarenregierung und der Verbruederung der russischen und deutschen Soldaten konnte man sonst nichts in den sowjetischen Lehrbuechern darueber finden.

In Europa sprach man von Russland, gewissermassen von Sowjetrussland, hierzulande haben jedoch die Bolschewiken, oder die Bolschewisten, oder die Bolschewiki, wie man sie nennt, den Namen Russland lange Zeit, bis in die Mitte der dreissiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein, am liebsten verschwinden lassen wollen. Und es wurde erklaert, dass der Hauptfeind der neuen sowjetischen Gemeinschaft, Volksgemeinschaft, der grossrussische Chauvinismus waere.

Jetzt zum Thema Chauvinismus, wieder. Die Bolschewiken kamen ja an die Macht, indem sie massiv Propaganda gemacht haben im Hinterlande des eigenen Staates – quasi, obwohl sie erklaert hatten: Wir sind die Vertreter des Proletariats, das Proletariat ist international und internationalistisch, die unterdrueckteste aller Klassen; fuer den Proletarier gibt es kein Vaterland. Das erste Mal, wo Lenin, also der bolschewistische Fuehrer, das Vaterland erwaehnt hatte, war, als die Verhandlungen in Brest-Litowsk eine Zeitlang ins Stocken geraten waren und danach also die deutsche Offensive wieder eingesetzt hat, da hat er erklaert seinen Aufruf: das sozialistische (aber wohlgemerkt: das sozialistische!) Vaterland (nicht das russische etwa) sei in Gefahr! Also, die Bolschewisten hatten quasi ein schlechtes Gewissen. Sie waren im Volke verpoent als deutsche Agenten...

Also, der Erste Weltkrieg dauerte fuer Russland drei Jahre lang, weil 1917 durch den bolschewistischen Oktoberumsturz Russland als effektiver Gegner der Mittelmaechte, Deutschlands Verbuendeter, ausgeschieden war, ihm wurde der Frieden von Brest-Litowsk aufgezwungen, der sehr hart war, also vergleichbar mit dem Frieden von Versailles, wenn die Deutschen dann spaeter von der Einmaligkeit des Versailler Schandfriedens sprachen, war es nicht ganz richtig. Denn sie haben die eigenen Friedensbedingungen vergessen, die sie Russland aufgezwungen haben in Brest-Litowsk.

Und dieses Ereignis waere absolut unmoeglich, wenn die Bolschewisten durch ihre Propaganda, Anti-Kriegspropaganda, die russische Armee nicht systematisch zersetzt haetten. Sie erklaerten: Auf der anderen Seite stehen Proletarier, Bajonett in die Erde, wir muessen den imperialistischen Krieg in einen Buergerkrieg gegen die eigenen Unterdruecker umwandeln. Natuerlich konnten sie nicht, auch im Nachhinein nicht, sich dazu bekennen, dass sie eine gute Sache verraten haben. Deswegen war der Krieg, den Russland fuehren musste, zugegeben, es war nicht notwendig fuer Russland, dem Krieg beizutreten, aber wo es schon hineingezogen worden war, war es natuerlich die Pflicht jedes Patrioten, fuer sein Vaterland zu kaempfen...

Jedenfalls hatten die Bolschewiken dadurch ein schlechtes Gewissen. Und deswegen haben sie auf jede Art und Weise versucht, die Erinnerung an den durch sie quasi fuer Russland verlorenen Krieg auszuloeschen. Alle Denkmaeler, nicht nur fuer die Gefallenen des Krieges, die Kriegsfriedhoefe wurden vernichtet, die Denkmaeler fuer russische Feldherren auch aus frueheren Zeiten, fuer General Skobelew und die Anderen, zerstoert usw. Also, es heisst, sie haben systematisch die Erinnerung daran ausrotten wollen, dass die neue Sowjetunion, die sich proklamiert hatten, als Vaterland aller Werktaetigen auf der Erde, auf der Welt (und nicht etwa als Nationalstaat), mit Russland etwas zu tun hat.

Vergessene russische Helden des Krieges

Fehler, nichtgezogene Lehren in der heutigen Ukraine 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg. Hetman Skoropadski

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Weiterlesen: http://german.ruvr.ru/2014_08_01/Offenes-Gesprach-7978/?slide-1


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