Symbol der russisch-deutschen Waffenbruederschaft
DAS KULMER KREUZ ALS SYMBOL DER RUSSISCH-DEUTSCHEN WAFFENBRUEDERSCHAFT
Bei der Besichtigung russischer militaerhistorischer (aber nicht nur militaerhistorischer) Museen und Gemaeldegalerien faellt einem sofort die Vielzahl portraetierter russischer Militaerangehoeriger aus der Zeit der Napoleonischen Kriege auf, die an ihren Uniformen, neben russischen Orden und Medaillen, auch ein schlichtes schwarzes, silbergeraendertes Tatzenkreuz tragen, welches vom ersten Blick an als das preussische Eiserne Kreuz anmutet. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine zwar tatsaechlich preussische, jedoch ganz besondere militaerische Auszeichnung, und zwar - das sogenannte Kulmer Kreuz. Mit dieser inzwischen fast vollkommen in Vergessenheit geratenen hohen militaerischen Auszeichnung, einem Symbol der russisch-preussischen, im weiteren Sinn jedoch russisch-deutschen Waffenbruederschaft, hat es folgende Bewandtnis.
Urspruenglich hatte das preussische Eiserne Kreuz keinerlei Inschriften oder Symbole, was diese Auszeichnung dem Ritterkreuz des Deutschen Ordens sehr aehnlich erscheinen liess, und was wohl anfangs auch beabsichtigt war. Spaeter erschienen jedoch am preussischen Eisernen Kreuz das Eichenlaub, die Anfangsbuchstaben des Kreuzstifters „FW“ (Friedrich Wilhelm) unter der preussischen Koenigskrone sowie das Stiftungsjahr „1813“. Diese Veraenderung hing mit der Kollektivauszeichnung von etwa 12000 auslaendischen Soldaten und Offizieren mit dem preussischen Eisernen Kreuz in dessen urspruenglichen Form zusammen (die in die Geschichte der Russischen Kaiserlichen Garde als das Kulmer Kreuz eingegangen ist).
Der preussische Koenig Friedrich-Wilhelm III. sah sich zu dieser Improvisation infolge der Schlacht gezwungen, die unweit der tschechischen Siedlung Kulm (heute: Chlumez, etwa 40 Kilometer von Dresden entfernt) am 29./30. August 1813 (neuen Stils) zwischen der Boehmischen Armee der Alliierten, zu der russische, preussische und oesterreichische Truppen gehoerten, und dem franzoesischen Korps des Generals Vandamme entbrannte.
Nach der verheerenden Niederlage der 600 000 Mann starken franzoesischen Grossen Armee in Russland im Jahr 1812 gelang es Kaiser Napoleon I. Bonaparte im Sommer 1813, unter Aufbietung aller Kraefte eine neue, 300 00 Mann starke Armee zu formieren, an deren Spitze Napoleon dem Heeresaufgebot der Alliierten (Russland, Preussen, Oesterreich und Schweden), welches sich langsam in Richtung Mitteldeutschland vorschob, begegnen wollte. Immer noch ein glaenzender Stratege und Taktiker, versuchte Napoleon, die Truppen der Verbuendeten einzeln zu schlagen. Das gelang dem Kaiser der Franzosen, Koenig von Italien und Protektor des Rheinbundes zwar noch einmal waehrend der Schlacht bei Dresden am 26./27. August (neuen Stils) 1813, es sollte aber Napoleon Bonapartes letzter Sieg auf deutschem Boden bleiben.
Die von Napoleon bei Dresden geschlagenen Korps der Verbuendeten unter dem Oberbefehl des als „der grosse Cunctator“ bekannten oesterreichischen Feldmarschalls Carl Fuerst von Schwarzenberg zogen sich ueber die aufgeweichten Paesse des Erzgebirges nach Boehmen zurueck, wobei es jedoch zu Stauungen kam. Kaiser Napoleon befahl seinem suedoestlichen Korps unter General Vandamme, die zurueckweichenden Verbuendeten einzukesseln und vernichtend zu schlagen. Fuer die sich zurueckziehenden Alliierten war es also lebenswichtig, die Erzgebirge-Paesse um jeden Preis freizuhalten. Dafuer war der Widerstand der Riegelstellung des Zweiten Russischen Armeekorps um Kulm ausschlaggebend. In diesem Korps waren insbesondere die russischen Garderegimenter eingegliedert. Der Rueckzug der Verbuendeten wurde von Osten durch die Abteilung des russischen Generals Graf Alexander Iwanowitsch Ostermann-Tolstoi gedeckt, die aus der russischen Garde-Infanterie-Division, der russischen Gardekavallerie und einigen russischen Armee-Einheiten bestand. Die kritische Lage wurde von Koenig Friedrich Wilhelm III. von Preussen bei Teplitz (heute: Teplice) erkannt, und er bat den russischen Oberbefehlshaber Graf Ostermann-Tolstoi (dem der Koenig von Preussen, im Unterschied zu Kaiser Alexander I. von Russland, ja nicht befehlen konnte) eindringlich, Vandamme die Stirn zu bieten und dessen Franzosen moeglichst lange aufzuhalten. Am 29./30. August neuen Stils (bzw. 17./18. August alten Stils) 1813 griff das franzoesische Korps Vandamme, das auf Teplitz marschierte, um den Verbuendeten in den Ruecken zu fallen, die Truppen Ostermann-Tolstois bei Kulm an. Es kam zu einer der blutigsten Schlachten der antinapoleonischen Befreiungskriege. Die russische Abteilung erwies den weit ueberlegenen Franzosen trotz schwerster Verluste erbitterten Widerstand und vermochte es, den Gegner zu stoppen, der die sich zurueckziehende alliierte Armee in den engen Bergpaessen einzuklemmen drohte. Mitten im Schlachtgetuemmel riss eine franzoesische Kanonenkugel dem Grafen Ostermann-Tolstoi den linken Arm ab. Der Ueberlieferung zufolge, soll der Schwerverwundete dabei gesagt haben: „Das ist der Preis der Ehre, die russische Garde befehligen zu duerfen!“ In der durch die Verwundung des Oberkommandierenden eingetretenen aeusserst schwierigen und angespannten Lage wurde das Kommando von dem Kommandeur der russischen Ersten Garde-Division General Alexej Petrowitsch Jermolow (dem spaeteren Helden des Kaukasuskriege gegen die aeusserst zaehen, wehrhaften und fanatischen islamistischen Glaubenskrieger der kaukasischen Bergvoelker, insbesondere Tschetschenen) uebernommen. Trotz zahlenmaessiger Unterlegenheit gelang es den russischen Gardetruppen den wiederholten Angriffen Vandammes erfolgreich Paroli zu bieten. Damit wurde das Nachruecken eines Teils der Hauptkraefte der Verbuendeten-Armee unter dem Kommando des russischen Generals Michail Bogdanowitsch Barclay de Tolly (der Ersten Kuerassier-Division) ermoeglicht, waehrend das herangeeilte preussische Korps des Generals Friedrich Graf Kleist von Nollendorff den Truppen von General Vandamme in den Ruecken fiel, sodass das franzoesische Korps am 30. August (neuen Stils) 1813 schliesslich aufgerieben werden konnte. Die Franzosen verloren bei Kulm 5000 Tote und 12000 Gefangene (darunter General Vandamme mit seinem gesamten Stab), 81 Kanonen, mehr als 200 Munitionswagen, 2 Adler und 3 Fahnen.
Die Verbuendeten verloren bei Kulm insgesamt 10 000 Tote und Verwundete, wobei in der russischen Abteilung Ostermann-Tolstois und Jermolows, die den Hauptsto; der Franzosen auf sich nahm, fast jeder Zweite getoetet oder verletzt wurde.
Nach der franzoesischen Niederlage bei Kulm begann Napoleons Armee sich in Eilmaerschen nach Leipzig zurueckzuziehen. So bildete die Schlacht bei Kulm den Wendepunkt im Befreiungskrieg und das Vorspiel zur Voelkerschlacht bei Leipzig, die der Herrschaft Napoleons ueber Deutschland und Gesamteuropa das Ende bereitete.
Fuer seinen in der Schlacht bei Kulm erwiesenen Heldenmut erhielt General Graf Ostermann-Tolstoi vom russischen Kaiser Alexander I. den Militaerorden des Heiligen Georg zweiter Klasse, vom oesterreichischen Kaiser Franz das Komturkreuz des Militaerischen Maria-Theresia-Ordens und vom preussischen Koenig das Grosskreuz des Eisernen Kreuzes (mit dem bis daher nur drei Personen ausgezeichnet wurden).
Ausserdem erklaerte Koenig Friedrich Wilhelm III. von Preussen, der ja selbst Augenzeuge des heldenhaften russischen Widerstandes bei Kulm war, noch vor Ort ganz spontan seine feste Absicht, alle Offiziere und Mannschaften des Zweiten Russischen Korps fuer ihre Tapferkeit auszuzeichnen. Sofort kam die Frage auf, womit er sie denn konkret auszuzeichnen gedachte. Wurde doch die Verleihung saemtlicher Auszeichnungen ausser dem Eisernen Kreuz durch den Preussen-Koenig selbst gestoppt! Viele Russen haben jedoch bereits auf dem Schlachtfelde von der Absicht des Preussen-Koenigs erfahren, sie mit dem „preussischen Kreuz“ auszuzeichnen (worunter sie logischerweise das damals einzig zu verleihende Eiserne Kreuz verstanden) und sofort begonnen, sich in Erwartung auf die Auszeichnung aus Leder- und Metall-Teilen der erbeuteten franzoesischen Ausruestung (z.B. Kavalleriesaetteln) selbstgemachte „Eiserne Kreuze“ zu basteln. Dies zeugt uebrigens von dem hohen Ansehen preussischer Tapferkeitsauszeichnungen bei den damaligen russischen Soldaten.
Inzwischen machten die preussischen Generaele ihren Koenig darauf aufmerksam, dass die Umsetzung seiner spontan erklaerten Absicht unvermeidlich zum Prestigeverlust des erst wenige Monate zuvor (am 10. Maerz 1813) von Friedrich Wilhelm III. in Breslau gestifteten Eisernen Kreuzes fuehren wuerde. Das an alle Soldaten, unabhaengig von deren militaerischem Dienstgrad, zu verleihende preussische Eiserne Kreuz war naemlich als individuelle Auszeichnung fuer persoenliche Tapferkeit, und nicht etwa als Kollektivauszeichnung, konzipiert. Der preussischen Regierung gelang es schliesslich, eine wahrhaftig salomonische Loesung des Problems zu finden, indem sie am 13. Dezember 1813 Statuten erarbeitete, aus denen hervorging, dass es sich bei der an die russischen Helden von Kulm zu verleihende Auszeichnung, im Unterschied zu dem preussischen Eisernen Kreuz (welches, wohlgemerkt, in der gesamten koeniglich-preussischen Periode, anders als das „gesamtdeutsche“ Eiserne Kreuz im Dritten Reich, offiziell nicht als „Orden“ galt), um eine dem preussischen Eisernen Kreuz zwar sehr aehnlich gestaltete Tapferkeitsauszeichnung, jedoch nicht um das eigentliche Eiserne Kreuz, sondern um ein besonderes „Kulmer Kreuz“ handeln sollte.
Ein zunaechst (wohl aus Gruenden der preussischen Sparsamkeit) vorgeschlagenes und von einer Berliner Seidenweberei auch produziertes schwarzweisses Webkreuz auf einem Pappmache-Untergrund kam nicht zur Verleihung, da es sich als nicht ausreichend haltbar erwies. Vielmehr einigte man sich auf ein geschwaerztes Kreuz aus duennem Eisenblech mit silberfarbenen Raendern und je zwei Perforationen (Loecherpaaren) an jedem Kreuzarmende zum Annaehen des Kreuzes an der Uniform. Es gab aber auch Exemplare mit rueckseitiger Broschierung. Mit 40 Millimeter Breite und Hoehe (obwohl auch Exemplare von 39 Millimetern erhalten geblieben sind) war das Kulmer Kreuz fuer Unteroffiziere und Gemeine (wie damals die Mannschaften bezeichnet wurden) etwas kleiner als das preussische Eiserne Kreuz. Die an russische Offiziere zu verleihenden Kulmer Kreuze waren 44 Millimeter breit und hoch und bestanden nicht aus duennem Eisenblech, sondern aus etwas staerkerem Silberblech, das schwarz lackiert beziehungsweise schwarz emailliert war. In diesem Fall hat wohl die Bewunderung des Preussen-Koenigs Friedrich-Wilhelm III. fuer den bei Kulm erwiesenen Mut der russischen Gardeoffiziere die Oberhand ueber die preussische Sparsamkeit gewonnen. Seiner Form nach war also das Kulmer Kreuz vom Eisernen Kreuz kaum zu unterscheiden.
Erst fast zweieinhalb Jahre spaeter, am 24. April (neuen Stils) 1816, kam es in der damaligen Hauptstadt des Russischen Kaiserreiches, Sankt-Petersburg, zu einer grossangelegten und feierlichen Zeremonie, bei der General der Infanterie Graf Michail Andrejewitsch Miloradowitsch, ein erfolgreicher und hochdekorierter Teilnehmer der Schlacht bei Kulm, den Tagesbefehl von Kaiser Alexander I. verlas und 7 131 Ueberlebende dieser Schlacht mit dem Kulmer Kreuz auszeichnete (welches er selber, wie wir bald sehen werden, als „Abzeichen des Eisernen Kreuzes“ bezeichnete). Gleichzeitig wurden die Generaele Graf Ostermann-Tolstoi und Jermolow mit dem hoechsten russischen Sankt-Andreas-Orden, sowie die an der Kulmer Schlacht besonders aktiv beteiligten russischen Preobrashensker und Semjonowsker Garde-Regimenter, die Leibgarde des Zaren, mit silbernen Sankt-Georgs-Trompeten ausgezeichnet.
Die Preussen hatten im Mai 1815 insgesamt 443 Offiziers- und 11 120 Mannschaftskreuze nach Sankt-Petersburg geschickt. Mehr als 400 Kreuze blieben nach der feierlichen Verleihungszeremonie am 24. April 1816 also uebrig. Was mit diesen Exemplaren geschah, ist nicht genau bekannt. Insgesamt sind in Preussen 11 544 Exemplare des Kulmer Kreuzes hergestellt worden. Der Ueberschuss von 878 Stueck wurde 1904 (bis auf 3 beziehungsweise 4 in Museen aufbewahrte Exemplare) eingeschmolzen (vermutlich, wiederum aus Gruenden der preussischen Sparsamkeit).
Bereits Ende des XIX. Jahrhunderts waren die echten Kulmer Kreuze in Russland aeusserst rar, sodass in einschlaegigen Katalogen und Nachschlagewerken Phantasiekreuze (darunter sogar Kreuze mit Oesen oder Kugeln an den Kreuzarmenden) als angebliche „Kulmer Kreuze“ abgebildet wurden und zum Teil immer noch werden. Fuer die zunehmende Seltenheit der Kulmer Mannschafts-Kreuze wird wohl deren Herstellung aus leicht korrodierendem duennem Eisenblech eine der zunehmenden Seltenheitsursachen gebildet haben. Ausserdem wurden die Invaliden bekanntlich nach altem Brauch mit ihrem Kulmer Kreuz bestattet, was zweifelsohne ebenfalls zu einer immer groesseren Raritaet dieser Tapferkeitsauszeichnung beigetragen haben duerfte.
Seit Ende der Napoleonischen Kriege gilt die Schlacht bei Kulm als eine der elf wichtigsten Schlachten des Befreiungsfeldzuegs der Russischen Kaiserlichen Armee gegen Napoleon I Bonaparte. Als solche ist sie von dem bekannten russischem Medaillisten Graf Fjodor Petrowitsch Tolstoi in seiner Medaillenserie auf den antinapoleonischen Krieg 1812/1814 gewuerdigt worden.
Es ist uebrigens keinesfalls ausgeschlossen, dass einige russische Generaele dennoch, statt der Kulmer Kreuze, preussische Eiserne Kreuze verliehen bekommen haben (da ja beide Auszeichnungen wie bereits gesagt tatsaechlich kaum voneinander zu unterscheiden sind).
Interessanterweise stiftete die aelteste preussische Freimaurerloge „Zu den drei Weltkugeln“ in Berlin, die unter der Hohen Schirmherrschaft des Preussischen Koeniglichen Hauses Hohenzollern stand, waehrend des Befreiungsfeldzuges der russischen Armee nach Deutschland 1813/1814 die Tochterloge „Zum Eisernen Kreuz“, welche extra zur „Vereinigung preussischer und russischer Officiers (Offiziere - W.A.)“ bestimmt war. Mitglied dieser Loge „Zum Eisernen Kreuz“ war insbesondere der namhafte russische General und Militaerhistoriker aus den Zeiten der Zaren Alexander I. und Nikolaus I. Alexander Iwanowitsch Michailowski-Danilewski, der bis zum 32. Freimaurergrad avancierte. Er schrieb in seinen Kriegserinnerungen: „Unser Haupttrost, unsere Hauptunterhaltung fanden wir in der Freimaurerloge, die in der preussischen Armee 1813 unter dem Namen „Loge zum Eisernen Kreuz“ installiert wurde...Die in der Loge zum Eisernen Kreuz am Tag nach der Schlacht oder am Vorabend der Schlacht gehaltenen Reden waren von flammender Vaterlandsliebe erfuellt und erweckten in unseren Herzen die edelsten und erhabensten Gefuehle...Einen der angenehmsten Abende verbrachten wir in Paris in der Preussichen Loge „Zum Eisernen Kreuz“. Mitglieder der preussisch-russischen Freimaurerloge „Zum Eisernen Kreuz“ waren, neben Michailowski-Danilewski, Nikolai Iwanowitsch Turgenew, Pawel Iwanowitsch Pestel, Fuerst Sergei Grigorjewitsch Wolkonski, Michail Alexandrowitsch Fonwisin, Fuerst Pawel Petrowitsch Lopuchin, Alexander Fjodorowitsch von der Briggen und zahlreiche andere Offiziere und Generaele der so eng mit den Preussen verbuendeten russischen Armee, viele von denen auch bei Kulm wacker mitgefochten haben und mit dem Kulmer Kreuz ausgezeichnet wurden.
In der ersten Haelfte des XIX. Jahrhunderts war das Kulmer Kreuz in Russland ausserordentlich beliebt und angesehen, wobei diese Tapferkeitsauszeichnung unterschiedlich genannt wurde, und zwar: „das Preussische Eiserne Kreuz“, „Das Auszeichnungs-Abzeichen des Eisernen Kreuzes“ usw. So schrieb die Sankt-Petersburger Soldatenzeitung „Russkij Invalid“ am 26. April (alten Stils) ueber die Ankuft der Kulmer Kreuze in Petersburg: „...Am 24. Tag dieses Monats erhielt man hier die Abzeichen des Eisernen Kreuzes. Seine Majestaet der Koenig von Preussen geruhten diese zur Verleihung an die (russischen - W.A.) Garde-Truppen zu bestimmen, die mit hervorragendem Heldenmut in der Schlacht bei Kulm am 17. Tage des Monats August 1813 gefochten haben. Aus Anlass der Verleihung dieser hochangesehenen Auszeichnungen erliess der Gardekorps-Kommandeur Herr General der Infanterie Miloradowitsch folgende Ordre:
„Seine Majestaet der Kaiser und die Verbuendeten Monarchen sowie ganz Europa zollten dem durch die Russischen Gardetruppen in der beruehmten Schlacht bei Kulm am 17. Tag des Monats August im Jahr 1813 erwiesenen unueberwindlichen Heldenmut mit Fug und Recht Tribut. Seine Majestaet der Koenig von Preussen, der seine Hochachtung des Heldenmuts dieser Truppen ganz besonders hervorzuheben geruhte, gab ihnen durch die Verleihung des Auszeichnungs-Abzeichens des Eisernen Kreuzes eine ganz besondere Ehre...“
Dementsprechend hoch war und bleibt in Russland das Ansehen der Schlacht bei Kulm und der daran beteiligten und mit dem Kulmer Kreuz ausgezeichneten russischen Soldaten und Feldherren. Dieser Umstand fand erstens im russischen Portraetwesen des XIX. Jahrhunderts seinen Niederschlag.
Zweitens fand der fuer die gesamte Zarenzeit kennzeichnende ausserordentlich hohe Stellenwert des russischen Sieges bei Kulm seinen Niederschlag in der Einfuehrung der Regimentsabzeichen in Form des Kulmer Kreuzes in der Zeit zwischen 1903 und 1911. Insgesamt haben sich fuenf russische Garderegimenter, die (beziehungsweise ihre Vorgaenger, auf deren Basis sie dann neuformiert worden sind) fuer das Kulmer Kreuz als Grundform ihres Regimentsabzeichens entschieden, waehrend sich die ebenfalls an der Schlacht bei Kulm beteiligten Preobrashensker und Ismailowsker Garderegimenter fuer das Sankt-Andreas-Kreuz (die hoechste Ordensauszeichnung des russischen Zarenreiches) entschieden und das Regiment der Gardekuerassiere Seiner Majestaet sich fuer das ihnen ebenfalls waehrend der antinapoleonischen Kriege verliehene Preussisch-Eylau-Kreuz (eine weitere Erinnerung an den mit den Preussen gemeinsamen Kampf gegen Napoleon) entschied.
Bei den russischen Gardetruppen, deren Abzeichen auf der Grundform des Kulmer Kreuzes basierten, handelte es sich um folgende Einheiten:
1) Das Leib-Garde-Jaeger-Regiment
2) Das Sankt-Petersburger Regiment der Kaiserlichen Garde
3) Das Leib-Garde-Ulanen-Regiment Seiner Majestaet
4) Das Leib-Garde-Ulanen Regiment Ihrer Majestaet (Neu-Peterhof bei Sankt-Petersburg)
5) Die Leib-Garde-Marine-Equipage (Leib-Gwardii Ekipash).
Ausser diesen Gardetruppen, erhielten auch noch das Pensenski Generalfeldmarschall;Graf;Miljutin-Infanterieregiment Nr. 121 sowie das Mariupolski-Kaiserin-Elisabeth (Jelisaweta Petrowna)-Husaren-Regiment Nr. 4 Regimentsabzeichen, deren Grundform ebenfalls dem Kulmer Kreuz entsprach.
Als nach der Wende in Russland zu Beginn der 90er Jahre des XX. Jahrhunderts die ersten monarchischen Organisationen im Lande entstanden, hat sich eine davon, die Russische Christlich-Monarchische Union (Russkij Christiansko-Monarchitscheskij Sojus), das Kulmer Kreuz als ein Element ihres Abzeichens und ihrer Fahne gewaehlt. Letzteres erklaerte sich aus folgendem historischem Umstand. Dieser inzwischen nicht mehr existierende Verein trat fuer das Recht des russischen Thronanwaerters Kronprinz Georgij Michailowitsch Romanow-Hohenzollern ein, dessen Urgossvater muetterlciherseits, Grossfuerst Kyrill I. Romanow (im deutschen Exil in Coburg als russischer Kaiser unter dem Namen Kyrill I. gekroent und daher in russischen Emigrantenkreisen als der „Coburger Zar“ bekannt), der letzte Kommandeur der Leib-Garde-Marine-Equipage war, welche das Kulmer Kreuz als Grundform ihres Einheitsabzeichens fuehrte. Die Verein verlieh das Kulmer Kreuz in zweierlei Formen:
1) Als Halskreuz mit der Inschrift „Alles fuer Russland“ (“Wsjo dlja Rossii“) am Revers;
2) Als Ehrenring mit einer Kulmer-Kreuz-Miniatur.
Die gesellschaftliche Organisation Stiftung „Erbe des Kaiserreiches“ (Fond „Imperskoje Nasledie“), die sich um die Pflege des historischen Kulturerbes des Russischen Kaiserreiches bemueht, verleiht fuer Verdienste auf diesem Gebiet das Ehrenabzeichen des Kulmer Kreuzes samt Beleihungsurkunden.
So wird im heutigen Russland die Bruecke zwischen Vergangenheit und Gegenwart geschlagen.
Ich danke fuer die Aufmerksamkeit.
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