Если мечты парят под небесами... на немецком языке
Wenn Tr;ume fliegen lernen …
„Da ist es ja! So weit, so r;tselhaft und voller Widerspr;che. Afrika. Ein Kontinent der Extreme“, freue ich mich. Wir haben die deutsche K;lte hinter uns gelassen und fliegen ;ber das Mittelmeer nach ;gypten. Nach dem wir eine ganze Weile ;ber dem azurblauen Meerwasser geschwebt haben, sehen wir nun die kontrastreiche Landschaft ;gyptens. Abseits unserer Flugroute ist ein schmaler, gr;ner Streifen zu sehen. Aus der Luft sehen der m;chtige Nil, der l;ngste Fluss der Erde, und die angrenzenden fruchtbaren Ebenen winzig aus. Wie d;nne, farbige F;den ziehen sie sich durch die kahle W;stenlandschaft, die sie scheinbar zu verschlucken droht. Unter uns beginnt dscheret sahra - die Sahara W;ste, das gr;;te Trockengebiet der Erde, sechsundzwanzig mal so gro; wie Deutschland. Der W;stenboden scheint ausgebrannt, durchzogen von feinen Linien, die an jene erinnern, die den rauen, von Sonne und Wind gepeinigten Gesichtern der W;stenbewohner eigen sind. Hunderte trockener Flussbete schl;ngeln sich auf dem grau-braunen Boden. Es erscheint fast unpassend, dass auch schnurrgerade Asphaltstra;en die W;ste durchqueren. Niemand ist zu dieser Zeit unterwegs. Es ist fr;her Nachmittag und brennend hei;. Im Flugzeug ist zwar nichts davon zu sp;ren, doch spricht die hochstehende Sonne am wolkenlosen Himmel f;r sich. Ihre Strahlen sind erbarmungslos. Uns wurde gesagt, dass wir f;r die Reise durch die St;dte ;gyptens festes Schuhwerk ben;tigen. Die Stra;en sind so hei;, dass der Asphalt schmilzt. Das k;nnte auch den Schuhen passieren.
Es wird Zeit f;r einen Imbiss. Die Stewardessen zw;ngen sich mit ihren Speisewagen durch die engen G;nge zwischen den Sitzreihen. Es dauert bis jeder seine Portion erh;lt. Aber das macht mir nichts aus. Ich kann warten. Inzwischen genie;e ich die Aussicht aus dem Bullauge.
Zun;chst fliegen wir ;ber den Teil der Sahara, der als Arabische W;ste bezeichnet wird. Die Landschaft ver;ndert sich allm;hlich. Statt Sandw;ste sehen wir graue Berge, die sich auft;rmen und das goldene Sonnenlicht reflektieren. Wir erreichen die ;stliche W;ste. Es sieht so leblos aus. Doch dort, in dieser kargen Felsenlandschaft, die mit Gestein und Ger;ll ;berseht ist, leben Tiere und Menschen. Auch wenn die W;ste lebensfeindlich aussieht, birgt sie eine Vielfalt des Lebens. Die W;ste lebt – sanft und kraftvoll. „Sie ist unendlich“, denke ich.
Nomaden haben die W;ste zu ihrer Heimat auserkoren. Die Beduinen haben ihre traditionelle Lebensweise noch nicht aufgegeben. Zumindest noch nicht alle. Seit Jahrhunderten durchwandern sie die W;ste auf der Suche nach Wasser und Nahrung f;r sich und ihre Tiere. Keiner kennt die W;ste so gut wie sie. Ihr Wissen geben sie an ihre Kinder weiter und die, denen sie vertrauen. Den Europ;ern trauen die W;stenbewohner meist nicht. Warum denn auch, wurden sie doch von ihnen als „Wilde“ unterdr;ckt. Und auch die Araber waren und sind ihnen nicht sonderlich freundlich gesonnen. Achill Moser, der als Naturfotograf unterwegs ist, schloss Freundschaft mit den ber;chtigten Tuareg. Wie ist es ihm gelungen? Vermutlich ganz einfach: Er begegnete den stolzen Nomaden mit Respekt, auf Augenh;he. Sie weihten ihn in die Geheimnisse des ;berlebens in der W;ste ein. Moser ist fast ein Mitglied des Stammes geworden und genie;t ihr Vertrauen.
Die Beduinen sind keine homogene Volksgruppe. Vielmehr sind es verschiedene St;mme unterschiedlicher Herkunft. Einige sind tats;chlich sesshaft geworden und verdienen ihr Geld in der Tourismusbranche, ;lindustrie, in den Minen oder anderes wo als Tagel;hner. Nun, da das Land im politischen Chaos versinkt, ist der Tourismus eingebrochen und auch sonst ist es Flaute. Andere versuchen es mit der Landwirtschaft auf den kargen B;den mit den wenigen Wasserreserven. Was bringt die Zukunft? Wer wei;?
Es wird immer schwieriger f;r die St;mme Wasser zu finden. Immer schwieriger zu ;berleben. Denn der Grundwasserspiegel sinkt stetig und es regnet immer seltener. Wo m;glich m;ssen die Beduinen Nordafrikas ihre jahrtausendealte Lebensweise bald f;r immer aufgeben. In den St;dten w;rden sie sich kaum wohlf;hlen, w;rden sich nicht integrieren k;nnen. Die Arbeitspl;tze sind rar. Sie h;tten wieder keine Existenzgrundlage. Schwer vorstellbar, dass die einst so stolzen Krieger an der Stra;e betteln m;ssten. Der Gedanke macht mich traurig. Ich versp;re Beklommenheit, versuche deshalb meine Aufmerksamkeit auf etwas Anderes zu richten.
„Worauf h;ttest du Lust, wenn wir da sind?“
Ich bespreche mit meinem Mann, was wir vor Ort unternehmen wollen. Er ist kein Abenteurer. Dennoch planen wir einen Ausflug nach Luxor, zum Karnak-Tempel und nach Theben West in das Tal der K;nige ein. Vielleicht haben wir die Gelegenheit Richtung Kairo zu fahren und die Pyramiden zu sehen. Vorbei an Wadis mit Palmenhainen und alten Wasserquellen. Jedoch nicht auf dem R;cken eines Kamels, sondern in einem m;glichst komfortablen Reisebus, der hoffentlich klimatisiert ist. Ist vielleicht nicht sonderlich romantisch, aber praktisch auf jeden Fall. Die Pyramiden. Jene Riesen aus l;ngst vergangener Zeit, die Zeugnisse der Macht der Pharaonen und dessen, was der Glaube allein zu bewegen vermag - nat;rlich nicht ohne flei;ige Arbeiter. Einst eine Weltmacht, die ;ber die Schicksale ganzer V;lker bestimmte, ist ;gypten heute der Schauplatz eines anderen Kampfes. Des Kampfes eines Volkes um seine Selbstbestimmung und Freiheit. Der Erfolg oder Misserfolg bleibt abzuwarten. Eigentlich w;re es spannend auch die Halbinsel Sinai aufzusuchen. Die „gro;e, furchterregende W;ste“, wie sie in den Schriften Mose bezeichnet wird, mit eigenen Augen zu sehen. Den geschichtstr;chtigen Dschebel Musa – den Mosesberg - zu besteigen, wo Moses die Tafeln mit den Zehn Geboten empfangen haben soll. Doch ist es ratsam die Warnungen des Ausw;rtigen Amtes zu beachten und bestimmte Regionen zu meiden. Der Sinai ist noch voller Landmienen nach den Kriegen mit Israel. Andere Gegenden, wie die an Sudan angrenzende Region, sind auch nicht sicher. Aber auch im Landinneren flammen immer wieder Unruhen auf, vor allem in Kairo. Ich m;chte aber in diesem Land nicht nur die Hotelanlage kennenlernen. Wie ich mir die Gefahren vor meinem inneren Auge ausmale, wird mir ganz mulmig. Ich versp;re innere Unruhe und Unsicherheit. Meine H;nde schwitzen und ich ;berlege: „War es ;berhaupt die richtige Entscheidung diese Reise anzutreten?“ – und greife nach der Hand meines Mannes, der gerade mit seinem Essen besch;ftigt ist und ganz zufrieden zu sein scheint.
Ich habe das Risiko bereitwillig in Kauf genommen: „Man lebt doch nur einmal“, dachte ich. Die Geschichte ;gyptens, die gro;artigen Bauwerke, die Schaupl;tze
bedeutender Ereignisse, wie der Auszug des Volkes Israel, die Teilung des Roten Meeres, haben mich schon seit Kindertagen fasziniert. Und die W;ste. Ein Ort so grenzenlos, so m;chtig, so still, dass man die Stille h;ren kann. Die W;ste lebt in ihrem eigenen Rhythmus. Wer dort ;berleben m;chte, muss sich diesem Rhythmus anpassen. Die Sandd;nnen wandern und die W;ste ist st;ndig im Wandel. Sie erobert neue Gebiete und stellt ihre Bewohner aufs Neue auf die Probe. Die W;ste ist in der Lage das vom Menschen Geschaffene verschwinden zu lassen. Sie kann, wenn sie m;chte, dies auch wieder frei geben. In der W;ste, so hei;t es, sei man dem Himmel so nah, wie nirgendwo sonst. Die Sterne leuchteten wie Edelsteine und man h;tte das Gef;hl sie anfassen zu k;nnen. Ich w;nsche mir zumindest eine Nacht in der W;ste, weitab von der Zivilisation, zu verbringen. Ich stelle mir vor, ich w;rde am Lagefeuer sitzen. ;ber mir die Kuppel des endlosen Himmels. Die D;mmerung taucht die W;ste in ein r;tliches Licht und die Sonne sinkt langsam am Horizont. Der Himmel erscheint saphirblau. Ein nach dem Anderen tauchen die Sterne auf, wie von einer unsichtbaren Hand entz;ndet. Ich h;re die Gespr;che der Beduine im Hintergrund, bin aber tief in die Betrachtung der Milchstra;e versunken. Sie erscheint mir unendlich gro; und ich komme mir ganz klein und unbedeutend vor. Es erf;hlt mich mit Ehrfurcht und ich beginne innerlich an die Anf;nge des Universums zur;ck zu blicken. „Ein Zufall, ein Urknall? Nein. So wohlgeordnet, so m;chtig und dennoch genauer als jedes Uhrwerk, kann das Universum kein Ergebnis des Zufalls sein…“ Die Dunkelheit bricht herein und damit auch die K;lte. Doch das Lagerfeuer spendet W;rme und Licht. Langsam nicke ich ein…
„Vielleicht sollte ich mich doch st;rken?“ – ;berlege ich und mache mich daran, die Speisen zu begutachten. „Nichts Besonderes – ein Nudelgericht, ein Brot, Butter und ein St;ck Kuchen.“ Laut frage ich: „Ist es genie;bar?
„Einiger Ma;en.“
Mit der Auskunft zufrieden vertilge ich mein Mahl. Im Kopf rattert es immer weiter:
„F;r Einige ist die W;ste ein Ort, um sich selbst zu finden, f;r Andere ist die W;ste ihr Lebensraum, ja sie selbst. Sie bilden eine Einheit. Achill Moser sagte mal: „Jeder braucht eine W;ste.“ Er braucht seine W;ste. Jeder muss einen Ort haben, um sich zu finden, mit sich selbst eins zu werden. Ja, vielleicht ist es auch der richtige Ort f;r mich?“
Moser geht immer wieder auf Wanderung durch die W;sten der Erde. Meistens jedoch in Nordafrika. Die kennt er wie seine Westentasche. Dort kommt er mit sich selbst in Einklang. Die W;ste ist f;r ihn eine Quelle der Kraft. Den Gefahren der Natur ausgesetzt, erscheinen die allt;glichen Probleme zu Hause fast schon mikroskopisch winzig zu sein.
Unser eigentliches Reiseziel ist das Rote Meer. Im Dezember herrschen dort tags;ber immer noch Temperaturen von bis zu 30° C. Mitten in der W;ste ist eine neue Stadt entstanden – Hurghada – eine Touristenburg. Umgeben von Sand und Gestein, ist es ein Ort, der zumindest Arbeitspl;tze f;r Einheimische bietet. Ein guter Verweilort f;r diejenigen, die Theben West, Luxor etc. als Ausflugsziel im Auge haben. Die meisten Hotelanlagen geh;ren den Ausl;ndern und die ;gypter werden miserabel bezahlt. Nur das ;ppige Trinkgeld, vor allem von den deutschen Touristen, macht diese Arbeit lohnenswert.
Ich habe mich wieder beruhigt und beschlie;e ein wenig zu d;sen. Ich m;chte von den Weiten des afrikanischen Kontinents tr;umen, mich vom sanften Wind, der in den Palmenzweigen raschelt, und dem Rauschen des Meeres wiegen lassen. An Afrika ist nicht nur die W;ste, die eine seltsame Anziehung auf mich aus;bt, faszinierend. Da sind auch die Savannen, die voller Leben sind und die von majest;tischen Tieren, auf der Suche nach Nahrung und Wasser, durchstreift werden. Hier hat das gr;;te Lands;ugetier, der Elefant, sein Zuhause. Die eleganten Raubkatzen, die L;wen, sind hier die unumstrittenen K;nige. Zu den s. g. „big five“ geh;ren auch noch die Giraffe, das Nashorn und der Gepard – das weltweit schnellste Tier. Die dichten tropischen Regenw;lder, die sich als gr;ner Teppich entlang des ;quators ausgebreitet haben. Auch dort findet man Artenvielfalt vor, die in den „Stockwerken“ der B;ume versteckt ist: bunte V;gel mit schrillem Ges;ngen, die verschiedensten Primaten, die sich von Baum zu Baum schwingen. In diesen W;ldern leben auch die letzten Gorillas. Die m;chtigen Fl;sse, wie der Niger, der Sambesi oder Okawango, sind weitere Lebensadern f;r Tier und Mensch. Kibo – „der Wei;e“, wie der h;chste Gipfel des Kilimandscharo-Massivs in Suaheli genannt wird, gilt als heilig. Irgendwie ist er schon mit dem Schicksal Afrikas verbunden, denn die Vegetation vor Ort, die Tierwelt und die Gletscher sind Indikatoren f;r Klimawandel und ;kologischen Zustand. Ich stelle mir vor, ich sei unterwegs. Ich fliege ;ber den Kontinent von Norden nach S;den, aber nicht mit dem Flugzeug. Nein. Ich kann fliegen und gleite durch die weichen Wolken, die sich in Richtung ;quator mehr und mehr verdichten. Vorbei an dem Kilimandscharo-Massiv und dem nahe gelegenen Usambara - Gebirge, ;ber die Serengeti, gelange ich zum Ngorongoro-Krater - einem Naturschutzgebiet mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, je nach H;henlage. Ein Panorama wie aus einem Bilderbuch er;ffnet sich mir: Eine weite Savanne mit hohen, sich im Wind wiegenden, Grass bedeckt, umringt von bewaldeten Bergen. Der Himmel erstrahlt in zartem Blau. Die gegen;ber liegenden Berge erscheinen ultramarin bis violett. Gro;e Antilopenherden durchqueren den Krater, L;wenfamilien sind auf der Lauer, die Elefanten schlendern gem;chlich dahin auf der Suche nach saftigen Bl;ttern. Hier k;nnen sich das Auge und die Seele ausruhen. Ich will mich in das weiche Grass fallen lassen und ruhen. Den Gesang der V;gel genie;en, die Weite, die Stille. Nicht die Stille, wie sie in der W;ste zu finden ist. Denn hier wuselt Alles. Alles ist unterwegs: gesch;ftig h;pfen die Affen auf der Suche nach Leckereien und es wird untereinander rege um das beste St;ck verhandelt. Man h;rt die grasenden Tiere, das Gebr;ll der Dickh;uter. Aber die Zeit scheint stehen geblieben zu sein. Keine Hektik, kein Stress. Wie dumm unser westlicher Lebensstill ist! Wir hetzen von einem Termin zum N;chsten. Den gr;;ten Teil unseres Lebens verbringen wir an Orten, wo wir nicht sein wollen, mit Dingen besch;ftigt, die uns nicht interessieren. Die Menschen um uns herum sind gleichg;ltig, ehrgeizig und sogar gierig. Die Ellenbogenmentalit;t schont die Konkurrenz nicht. Immer mehr Menschen in Industriel;ndern leiden unter psychischen Krankheiten. Warum es in ;rmeren Gegenden nicht so verbreitet ist? Vielleicht ist es ja die Mentalit;t: blo; keine Hektik aufkommen lassen. Arbeiten, um zu leben, und nicht leben, um zu arbeiten.
Nach einer Weile breche ich auf. Dieses Mal sehe ich die alten Lehmbauten Timbuktus und das bunte Treiben der Basare. Es wird gefeilscht, gelacht und diskutiert. Und dennoch, es ist ein gem;chliches Treiben. Die traditionelle Bauweise der Geb;ude wurde beibehalten und wird an die n;chsten Generationen weiter gegeben. Zwar m;ssen die H;user nach der Regenzeit immer wieder nachgebessert werden, aber Lehm, als Baumaterial, ist billig und umweltfreundlich.
Irgendwie werde ich doch noch von einem Gedankenstrudel mitgerissen. Und ;berlege jetzt:
„Jahrhunderte bevor nach Europa erste zivilisierte Menschen vordrangen, existierten bereits, ausgerechnet in Afrika, Hochkulturen. Bis heute findet man ihre Spuren ;ber den ganzen Kontinent verstreut. Abgesehen von den Bekanntesten, den ;gyptischen Pyramiden, sind nubische Bauten bemerkenswert, die Lehmbauten in Mali, die ;ltesten Felszeichnungen, die je gefunden wurden, in Namibia etc. Und auch wenn uns die Lebensweise mancher St;mme und V;lker Afrikas fremd und r;ckst;ndig erscheint, hei;t es nicht, dass die Europ;er was Besseres sind. Wir verstehen diese Menschen einfach nicht. Vor gar nicht so langer Zeit hat man geglaubt, dass die afrikanischen Sprachen simpel und ;rmlich sind. Doch inzwischen wei; man, dass dem nicht so ist. Die Sprachen Afrikas sind voller Emotionen und Ausdruck. Suaheli, zum Beispiel, klingt weich und melodisch, wie das Pl;tschern eines Bachs. Die stattlichen Massai konnten nie versklavt werden. Sie starben bald in Gefangenschaft, ihrer Freiheit beraubt. Bis heute haben sie sich ihre Traditionen bewahrt. Die Somalier: gro;gewachsene, schlanke und ausdauernde Menschen, die seit jeher die W;ste bewohnen, sind voller Anmut und Kraft.“
Wir sehen nicht, was die Menschen durchgemacht haben, durchmachen mussten. Den Verlust ihres Landes, den Verlust ihrer Freiheit, den Verlust ihrer W;rde und viel zu oft, den Verlust ihres Lebens. Viele wenden dann ein, die Zeit der Kolonien sei vorbei und die Schwarzen bek;men es einfach nicht auf die Reihe. Dazu kann ich nur sagen, dass die Kolonialherrschaft gar nicht so lange her ist. Die m;chtigen Fremden haben Grenzen nach ihrem Belieben gezogen, ohne R;cksicht auf jahrtausendw;hrende Konflikte oder Sonstiges. Viele Ethnien konnten sich untereinander nicht mal verst;ndigen, da sie unterschiedliche Sprachen benutzten. Die Europ;er s;ten Zwietracht unter den St;mmen. Da ist es kein Wunder, dass am Ende der Kolonialzeit B;rgerkriege aufflammten, die Jahrzehnte dauerten und vielen Menschen das Leben kosteten. Nicht zu vergessen w;ren auch die Stellvertreterkriege der Superm;chte USA und Sowjetunion. Jeder, der auch nur im Entferntesten ihre Ideologie anzunehmen schien, wurde, bis an die Z;hne bewaffnet, auf die G;nstlinge des Gegners los gelassen. Und wer hat wohl die Blutdiamanten gekauft? War es nicht der ;berhebliche Wei;e, der ;ber die Unf;higkeit der Afrikaner in Frieden zu leben, schimpft?
Ganze V;lker wurden ausgerottet: die Herero und Nama in Deutsch-West oder die Hehe in Deutsch-Ost, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Andere wurden versklavt und schlimmer wie Vieh behandelt, haben sie die Reise zu ihren Bestimmungsorten ;berlebt. Laut Legende, bat William Wilberforce, ein gl;hender Verfechter der Abschaffung der Sklaverei in Gro;britannien Ende des 18. Anfang des 19. Jahrhunderts, die feinen Damen und Herren der Londoner Oberschicht zur Besichtigung eines Schiffes, das zur Bef;rderung der Sklaven diente. Bereits aus der Ferne wurden die Herrschaften von einem unertr;glichen, bissigen Geruch in Empfang genommen. Dies verdeutlichte einiger Ma;en die Bedingungen von solchen Transporten. So wurde 1807 der Sklavenhandel im ganzen Empire verboten und 1833 wurde die Sklaverei abgeschafft. 1861 wurde die Leibeigenschaft im Russischen Reich aufgel;st. Und 1865 war es endlich auch in ganz Amerika mit der Sklaverei endg;ltig vorbei. Doch die Spuren der Geschichte sind tief. Sie haben sich in die Herzen der Menschen eingebrannt. Denn Diskriminierung gibt es immer noch. Das Ende der Apartheid in S;dafrika kam erst 1994.
Was an manchen Orten im 20. und 21. Jahrhundert auf dem s. g. „Schwarzen“ Kontinent stattfindet und stattgefunden hat, ist kaum in Worte zu fassen. Kindersoldaten werden dazu angehalten ihre Verwandten zu t;ten. Mit Drogen voll gepumpt, sollen sie Kriegsverbrechen begehen. Nicht zuletzt durch Kriege hat sich das HIV in unvorstellbarem Ma;e ausgebreitet. In manchen afrikanischen L;ndern ist ein Viertel aller Erwachsenen infiziert. Die medizinische Versorgung ist mangelhaft, die Infrastruktur - zerst;rt, Hilfsg;ter erreichen die Bed;rftigen nicht und in vielen Regionen ist nicht mal sauberes Wasser zu finden.
Ein Land der Kontraste: die sch;nsten Naturerscheinungen, die Lebensfreude der Einheimischen, das bunte Treiben auf den Stra;en und die immense Widerstandsf;higkeit, ihre innere Kraft, auf der einen Seite. Und die Korruption, die unendlichen Fehden, die Krankheiten, der Hunger, die Not und die Zerst;rung der Umwelt auf der Anderen. Oft frage ich mich: „Wo versickert nur die ganze Entwicklungshilfe?“. Die Balance der Mikro;konomik ger;t aus den Fugen, denn die Nahrung aus Hilfslieferungen macht die Landwirtschaft unrentabel. Wo es doch ;berwiegend die Landwirtschaft ist, von der die Menschen leben!
Dann geht man her und bezeichnet es als Dritte Welt, als unterentwickelt. Es ist doch ein Armutszeugnis, das die Regierungen der Welt viele Milliarden f;r R;stung, die Erforschung des Alls etc. ausgeben, jedoch den Hunger der Menschen hier auf der Erde nicht stillen k;nnen. Noch nie haben so viele Menschen gehungert, wie zu unserer Zeit – ;ber einer Milliarde, ca. jeder 7 Erdbewohner ist unterern;hrt und stirbt irgendwann an den Folgen. Zu aller erst nat;rlich die Kinder. Und die Meisten Hungernden leben in Afrika. Unglaublich, doch das ist die traurige Realit;t.
Ich kann mich an ein Gespr;ch mit einer Kollegin erinnern, die sagte, die Welt sei wunderbar und das Gute wird ;berhand nehmen etc. Nun, scheinbar hat jeder seine eigene Realit;t. W;hrend hier in ;bers;ttigtem Westen die Erhaltung eines gewissen Lebensstandards, die neusten elektronischen Errungenschaften und die Mode die Geister in Aufruhr versetzten, ist es an anderen Orten, und nicht nur in Afrika, auch im Osten Europas, in Mittel- und S;damerika sowie in Asien, ein t;glicher Kampf ums ;berleben. Diese andere, unbequeme Realit;t wird ausgeblendet und man ist mit sich sehr zufrieden, wenn man Geld f;r „mildt;tige Zwecke“ gespendet hat. Immerhin kann man es von der Steuer abschreiben. Inzwischen verschmutzen wir die Umwelt durch die Massentierhaltung, die unseren unermesslichen Fleischkonsum stillen soll. Die Regierungen merken durchaus, dass gegen den globalen Klimawandel etwas unternommen werden muss. Doch keiner m;chte auf seinen Profit verzichten. Stattdessen lenkt man von den Problemen im Inneren des Landes und von den globalen Problemen mit einem inszenierten Krieg in der Ukraine ab. Man streitet sich, wer mehr Schuld hat und schlie;t sich dubiosen, selbsternannten „Volksvertretern“ an und initiiert vielleicht noch den 3. Weltkrieg. Dabei wurde das Jahr 2014 von der UNO zum „Jahr des Friedens und Sicherheit“ ausgerufen.
Nat;rlich gibt es auch Menschen, denen das Schicksal Anderer nicht egal ist. Seiner Zeit hat Albert Schweitzer seine Heimat verlassen, um den armen Bewohnern Gabuns zu helfen. F;r seine Bem;hungen in Lambarene wurden er und seine Frau w;hrend des 1. Weltkrieges interniert. Doch er kam wieder. Baute im Urwald eine Klinik und scheute weder M;he noch Kosten f;r seinen Traum – einen Beitrag f;r eine bessere Welt zu leisten. Heute sind es Organisationen wie ;rzte ohne Grenzen, oder die Jane Goodall-Stiftung die weiter machen. Nat;rlich kann nicht jeder Solches zur Stande bringen. Man m;sste ggf. seine Familie, seine Freundschaften aufgeben. Oft hei;t es auch, sein Leben riskieren. Auch die n;tigen Gelder m;ssen aufgetrieben werden. Und nicht jeder kann mit virtuosen Orgelkonzerten und einem ber;hmten Namen die Massen begeistern. Aber alles f;ngt ja ganz klein an. Respektiere die Menschen, die dich umgeben. Hilfe den Bed;rftigen um dich herum. Setzte dich f;r die Umwelt und die Tiere ein. Und sei es, dass du weniger Fleisch konsumierst und die Nachbarskatze nicht trittst, wenn sie deinen Rasen verschmutzt hat. Ach, wie einfach doch die kompliziertesten Probleme zu l;sen sind! Wenn jeder bereit w;re auf ein St;ck seiner Bequemlichkeit zu verzichten, w;ren die Weltprobleme gel;st. Wenn keine Waffen produziert und verkauft werden w;rden (hier w;re der Verzicht auf hohe Geldsummen n;tig) g;be es keine Kriege. Wie viel gl;cklicher k;nnten die Menschen sein!
Ja, in Afrika sind noch der Aberglaube und grausame Traditionen weit verbreitet. Die M;dchenbeschneidung und die Angst vor „dem Zorn der Ahnen“ sind tats;chlich gro;e Probleme. Anderes sein ist oft lebensgef;hrlich. Und auch die Aufkl;rung im Kampf gegen AIDS muss vorangetrieben werden. Man sollte aber nicht meinen, es seien alles afrikanische Probleme. Mitten in Europa werden auf grausame Weise M;dchen verst;mmelt. AIDS ist eine weltweite Pandemie. Circa 35Mio. Infizierter gibt es auf unserem Planeten. ;ber einer Million in Europa. Das Fremde wird immer mehr zum Symbol des B;sen stigmatisiert. Als ich vor der Bundestagswahl in M;nchen unterwegs war, sah ich einige bemerkenswerte Wahlplakate mit Spr;chen wie: „Islamisten raus!“ oder „Minarett-Verbot“ und „Gegen ;berfremdung, damit M;nchen Heimat bleibt!“. Sehr verfassungskonform und demokratisch! …“
Der Sog in meinem Kopf l;sst mich nicht los. W;hrend dessen n;hern wir uns dem Reiseziel. Unter uns erscheint das Rote Meer. Fast smaragdfarbend leuchtet es. Das Wasser ist ruhig, sieht wie im Swimmingpool aus. Hurghada-Stadt lassen wir hinter uns und fliegen Richtung einer Reihe von Hotelanlagen.
Pl;tzlich werde ich durch einen heftigen Ruck aus dem Gedankenstrom heraus gerissen.
„Was ist passiert?“
„Nur ein Luftloch.“
„Sind wir schon angekommen?“
„Ja, fast. Jetzt brauchen wir noch etwa 20 Minuten zum Landen.“
Eine angenehme weibliche Stimme weist die Passagiere an: „Bitte nehmen Sie Ihre Pl;tze ein. Richten Sie Ihren Sitz auf. Klappen Sie den Tisch auf dem Sitz vor Ihnen zu. Bitte legen Sie die Sicherheitsgurte an.“ Und das Gleiche noch mal in Englisch. Wir gehorchen. Ich lehne mich wieder zur;ck und versuche mich zu entspannen. M;de von der vorherigen Tr;bsal, schlummere ich ein. Im Schlaf versunken, tr;ume ich von einer Welt ohne das von Hobbes festgelegte Prinzip „Homo homini lupus est“. Eine Welt voller Licht und Freude. In der alle in W;rde und ohne Angst leben k;nnen. Eine neue Welt, wo Menschen wie Br;der zusammen leben. Dort herrscht ein immerw;hrender Frieden. Niemand muss Hunger oder Gewalt erleiden. Ich stehe am Ufer eines m;chtigen Flussstromes „und diesseits des Stromes (…) standen B;ume des Lebens, die zw;lf Fruchternten hervorbringen, indem sie jeden Monat ihre Fr;chte tragen, und die Bl;tter der B;ume dienten zur Heilung der Nationen…“
Dann landen wir. Die Tr;umereien sind zu Ende. Ich sp;re die Erdanziehung, und als die R;der den Boden ber;hren, rumst es gewaltig. Die rasante Geschwindigkeit f;llt allm;hlich. Alle sind froh ;ber die gelungene Landung und applaudieren, um ihre Begeisterung kund zu tun. Der Flughaften von Hurghada ist ziemlich eng f;r die Anzahl an Passagieren, die zur gleichen Zeit abgefertigt werden m;ssen. Es ist hei; und stickig. Innerhalb von Sekunden bildet sich eine riesige Schlange am Terminal. Doch dann geht alles ganz schnell. Ohne Verz;gerung bekommen wir unser Gep;ck und machen uns auf die Suche nach dem Bus, der uns zur Hotelanlage bringen soll. Das erste Wort, dass man von den hilfsbereiten Einheimischen h;rt – „Bakschisch, Bakschisch“- Trinkgeld wollen sie alle. Im Vergleich zu ihnen m;ssen wir unvorstellbar reich erscheinen. Wir nehmen Platz in einem Kleinbus und machen uns auf, die Realit;t der Urlauber und der ;gypter kennen zu lernen.
Свидетельство о публикации №215031001831