prima und das trampolin

Meine Geschichte hei;t
„ Prima und das Trampolin"
Zwei Unvergleichbarkeiten, die so surreal sind, dass sie nur mit den an der Wand schwimmenden Uhren von Salvador Dali oder dem abgeschnittenen Ohr des Van Gogh verglichen werden k;nnen. Die Anf;nge dieser komischen Geschichte f;hren weder nach Spanien noch nach Holland, wo die gro;en K;nstler lebten, sondern in eine gro;e ukrainische, damals noch sowjetische Stadt namens Charkow. In diesen weit zur;ckliegenden Jahren studierte ich an der Kunstuniversit;t von Charkow Schauspiel. Damals prahlten die ideologisch gepr;gten Heranwachsenden voreinander mit identischer, perfekt geb;gelter Schuluniform, ein unverzichtbarer Teil welcher einen gest;rkten Kragen und ein Pionierhalstuch mit sich brachte. Also, „ Prima und das Trampolin“ ist eine der lustigsten Theatergeschichten, die wirklich stattgefunden hat. Ihr lag n;mlich Rache zugrunde. Ja, ja, genau, Rache und nicht irgendein Van Gogh’scher Impressionismus.
 
. Die zentrale Stra;e der Stadt ist die Sumskaja. Ihre Erscheinung wird bis heute von historisch und architektonisch bedeutenden Bauwerken gepr;gt, die friedlich mit den teuren Restaurants und eleganten Boutiquen koexistieren. Genau auf dieser Stra;e defilieren die sch;nsten Frauen der Stadt und demonstrieren den Passanten stolz ihre irreal-;berirdische Sch;nheit sowie ihre stylischen Outfits. Das Schmuckst;ck des architektonischen Schaffens befindet sich in der Mitte der Stra;e – das Zentrale Operntheater. Dort geschah diese witzige Geschichte. Ungef;hr um das Jahr…wir werden uns lieber nicht auf ein genaues Jahr festlegen. Also, damals war ich auch unter dem Klan der Sch;nheiten, die sich auf der Sumskaja zur Schau stellten. In den Pausen zwischen den Vorlesungen genoss ich den Geschmack der  ber;hmten charkower Teigtaschen mit Kohl und Pilzen.  Beim Essen dieser leckeren Teigtaschen hat uns ein Bekannter aus dem Theater diese Geschichte erz;hlt. Nur im Caf; nahe der Oper wurden sie meisterhaft zubereitet. Und wo gibt es denn eine Oper ohne die Prima? Unsere  war keine Ausnahme, und die Prima war der ganze Stolz statischer Gesangskunst.
Ihre gro;e Mezzostimme war allerdings hinter den runden Formen verpackt. Wenn sie nicht gesungen hat, nervte sie alle Anwesenden mit ihrem unertr;glichen Charakter. Und wenn all die Hysterien, Intrigen und Forderungen der Prima reine Energie produzieren k;nnten, w;re Gazprom schon l;ngst pleite gewesen.

Ohne Intrigen war die Prima wie ein Vogel ohne Fl;gel, wie ein Fahrrad ohne Pedalen, wie ein Alkoholiker ohne Bier. Das Umfeld vom pummeligen Mezzo reagierte mit ;hnlich heftiger Abneigung. Insbesondere hat sich die Prima an den verschiedenen Helfern und Assistenten im Theaterbetrieb ausgelassen. Diese Leute existierten f;r sie einfach nicht. Sie wurden von ihr weder gegr;;t noch beachtet. W;hrend der Proben schaute sie die jeweiligen Assistenten mit dem Blick eines Feudalen, dem sein  Sklave kein Gehorsam schenkt, an und hatte sich immer zu beschweren. Und wenn sich nur einer von den Helfern ;berhaupt traute ihr zu widersprechen oder etwas anderes, als von ihr verlangt zu tun, lie; die  Reaktion nicht lange auf sich warten. Einmal hatte ein junger, neu angestellter Beleuchtungsassistent das gr;;te „Gl;ck“. Er wagte es, mit dem Mezzo zu streiten und sagte ihr w;hrend des Streits all das, was ihr s;mtliche  Theatermitarbeiter nach all den Jahren der Zusammenarbeit schon l;ngst sagen wollten.

Nat;rlich wurde er sofort gefeuert. Aber sein „Abschiedsgeschenk“ blieb der Prima in Erinnerung. Die Neuheit der Herbstsaison „Aida“ war der ganze Stolz des Theaters. Alle wichtigen dickb;uchigen Fabrikdirektoren und Parteifunktion;re wurden zu der Oper eingeladen. Sie sa;en mit ernsten Mienen in den ersten Reihen zusammen mit ihren pr;den Ehefrauen. Das war die letzte Vorstellung, bei der der bereits gek;ndigte Beleuchtungsassistent arbeitete. Alles lief wie immer. Als die Aida in der Finalszene mit ihrer ber;hmten letzten Arie von der Klippe st;rzen sollte, passierte es. Statt einer weichen Matte, die immer an der Stelle lag, wo die Prima nach ihrem Sturz landete, wurde an diesem Tag dorthin ein Trampolin gestellt. Die nichts ahnende Prima sprang von der Klippe in den  Abgrund des Nichtseins,  nicht ihrem Tod entgegen, sondern wurde letztendlich zu st;ndiger Auferstehung verdammt. Im Prozess der absurden Spr;nge auf dem Trampolin, entbl;;te ihr pomp;ses Kleid ihre nicht gerade grazi;sen Oberschenkel. Das Ganze wurde von der verrutschen Per;cke auf dem Kopf noch verschlimmert. Die Zuschauer im Saal brachen in schallendes Gel;chter aus anstatt zu applaudieren. Alle lachten, auch der Regisseur und sogar die dickb;uchigen Direktoren mit ihren pr;den Ehefrauen. Dem gefeuerten Beleuchtungsassistent kamen Tr;nen vor Lachen. Und statt des letzten abschlie;enden Tons, den die Prima immer so meisterhaft gesungen hatte, wobei sie sich so genial und unerreichbar talentiert vorkam, h;rten die Zuschauer nur seltsame kuri;se Ger;usche vom pummeligen, ver;ngstigten Etwas.



Copyright : Alina Goncharenko


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