11. 0. 7. Deutsche Kolonien in Aserbaidschan

 Dazu kam 1907 eine «Fortbildungs- und Zentralschule», die Kindern aus allen transkaukasischen Kolonien offenstand - f;r Ausw;rtige gab es ein Internat - und die 1910 in eine Realschule umgewandelt wurde. Wer ein Studium ins Auge fasste, musste bis 1918 auf die Gymnasien in Gandscha oder Tiflis ;berwechseln.

Was das geistliche Leben anbetraf, so war die Gemeinde jahrelang auf die Aktivit;t von Laien angewiesen. Einen eigenen Pfarrer erhielt Helenen­dorf erst 1832. Dieser wurde von der Regierung besoldet und erhielt von der Gemeinde ein Pfarr­haus erbaut. Eine eigene Kirche - seit 1822 bestand ein Bethaus - konnte erst 1857 eingeweiht werden.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein hielt man in den schw;bischen Kolonien an den alten Traditionen fest. In den Kirchen benutzte man noch das ehrw;r­dige Gesangbuch von 1741. Wenn auch der Einfluss der Strenggl;ubigen allm;hlich geringer geworden war, behielten die Pietisten doch lange das Sagen.

 Fast bis 1900 blieb die Bibel das einzige Lesebuch in der Schule. Auch durften dort keine Volkslieder gesungen werden, und Tanzen galt bei den Alten als Tods;nde. Sicherlichhat sich im Lauf der Zeit vieles ;berlebt, aber die Mentalit;t blieb.

Bis heute liegen mitunter zwischen den mittlerweile nach Deutschland zur;ckgekehrten Russland­deutschen und den Einheimischen Welten. Vielfach finden sich die ;lteren Aussiedler in den evangeli­schen Landeskirchen nicht mehr zurecht und bilden daher, sofern sie nicht bei den Altpietisten eine reli­gi;se Heimat finden, wie schon einmal vor zwei­hundert Jahren ihre eigenen kirchlichen Kreise.Auch sonst pflegten die Helenendorfer die alten ;berlieferungen.

 Sie kleideten sich drei Generatio­nen lang nach Altv;tersitte und behielten ihren Dia­lekt bei, ein absolut reines Schw;bisch, wie es anderswo kaum mehr anzutreffen war. Das l;sst sich nur damit erkl;ren, dass in den S;dkaukasus ausschlie;lich Schwaben ausgewandert waren, woge­gen die Kolonisten der ;brigen deutschen Siedlun­gen in Russland aus den verschiedensten L;ndern stammten und sich daher dort mit der Zeit ein Dia­lektgemisch herausgebildet hatte.

Im S;dkaukasus hielt man auch an der schw;bischen K;che fest. Noch im 20. Jahrhundert gab es deutsches Schwarz- und Wei;brot, bei besonderen Anl;ssen schw;bischen Kuchen und zu Weihnachten «Springerle». Mittags kamen oft Sp;tzle oder Nudeln auf den Tisch, und zum Fr;hst;ck hielt man am Kaffeetrinken fest. Blo; abends gab es Tee aus dem russischen Samowar.

 Beim Mittagessen und zum Vesper dagegen wurden gro;e Mengen Wein konsumiert. Von den Kaukasiern hatten die Schwa­ben verschiedene Reisgerichte und Schaschlik (Hammelfleisch am Spie;) ;bernommen, von den Russen Suppen (Borschtsch) und Sakuski (Vorspeisen mit Schafsk;se, Gurken, Zwiebeln u.a.), auch das Fladenbrot der Einheimischen.

In der «Musterkolonie» Helenendorf bl;hen Theater und Musik - Nach dem Ersten Weltkrieg f;hrt die Oberrealschule zum Abitur Erst die vierte Kolonistengeneration gab sich weltoffener. Sie zollte dem Fortschritt ihren Tribut und machte ihren Geburtsort in vieler Hinsicht zu einer Musterkolonie.


Рецензии