Die Seele weint
Meiner Nachbarin Maria gewidmet
Mein Schicksal ;hnelt dem vieler Tausender anderer Frauen, die den Krieg erlebt und alle Kreise der H;lle durchschritten haben.
Als Kind, als ich zehn Monate alt war, wurde mein Vater ins Arbeitslager gebracht und erst entlassen, als ich zehn Jahre alt war.
Meine Mutter hatte f;nf von uns, und ich musste herumgehen und die Leute um Brot bitten, oder zumindest darum, dass mir jemand etwas gibt, denn es herrschte Krieg und Hunger. Eines der Kinder ist verhungert, meine Mutter wurde mit Typhus ins Krankenhaus eingeliefert. Das waren harte Zeiten...
Als ich aufwuchs, kam ein Ukrainer aus der Ukraine zu Besuch in unser Dorf. Ich fand, dass er nicht schlecht aussah, gut aussehend und charmant war, und ich heiratete ihn 1963. Wir waren Deutsche, meine Eltern wollten ihr Blut nicht mit dem anderer Leute vermischen, also gab es keine Hochzeit. Ich erhielt zwar nicht den Segen meiner Eltern, aber sie halfen mir auf jede erdenkliche Weise. Wir haben einen altes Haus mit ihm gekauft...
Er hatte goldene H;nde. Was auch immer er tat, er erledigte es schnell und gut, aber sein Kopf war leer, sogar klingelnd, besonders wenn die Flasche klingelte - er wurde ganz hei; und beruhigte sich nicht, bis er etwas Schreckliches getan hatte... Ich sch;mte mich, zu meinen Eltern zu gehen, versteckte mich bei Nachbarn oder wo immer ich musste...
Dann wurde meine Tochter geboren. Ich konnte nirgendwo anders mit ihr hingehen. Als sie ein Jahr alt war, verpr;gelte er mich so sehr, dass ich das Bewusstsein verlor. Als ich aufwachte, weinte meine Tochter und die T;r der H;tte war offen. Es ist eiskalt. Ich betrachtete mich im Spiegel und erkannte mich nicht wieder. Die Verzweiflung ergriff mich und ich beschloss, mein gescheitertes Leben zu beenden.
Ich wickelte meine Tochter in eine Decke und rannte auf die Stra;e, aber es herrschte Schneesturm, ich konnte nichts sehen und es war bereits Mitternacht. Ich wusste nur, in welche Richtung der Grader - die gro;e Stra;e - f;hrte, und f;nf Kilometer hinter dem Grader gab es Birkenw;lder. Ich beschloss, dort in der Birke zu frieren und niemanden zu st;ren.
Niemand w;rde meine Leiden sehen, aber Gott sieht alles. Er hat mich gerettet. Er hat mir einen Mann geschickt, der mir aus der Verzweiflung hilft... Pl;tzlich tauchten die Scheinwerfer eines Lastwagens hinter den Silhouetten der B;ume auf. Ich bedeckte mich mit dem Baby, damit er mich nicht erkennen w;rde, aber er sprang aus dem Taxi, packte mich am ;rmel und schrie: "Was glaubst du, was du da tust?! Sie k;nnen mit sich selbst machen, was Sie wollen, aber was muss das Kind daf;r bezahlen? Ich lasse dich nirgendwo hingehen, ich w;rde dich lieber zu deinen Eltern bringen..." Ich habe nicht geantwortet, sondern nur geweint. Es war unser inzwischen verstorbener Dorfbewohner Fedya Vasilchenko - unser Retter, Gott hab ihn selig...
Am n;chsten Tag riefen er meinen Dorfrat an und schickten ihn f;r zwei Jahre zur Behandlung weg. Ich nahm eine kleine Auszeit von ihm, arbeitete, zog meine Tochter gro;, und er tauchte fr;h auf...
Es war nachts. Alle schliefen. Und er kam nicht wie ein Mensch herein, sondern wie ein Dieb, der durch das Fenster in der Scheune, die sich unter demselben Dach wie das Haus befand, in die H;tte kletterte. Er schaltete das Licht an und st;rzte sich auf mich, betrunken und mit roten, verzweifelten Augen, und schrie aus voller Kehle: "Hast du deinen Freund schon gefunden? Ich bin gekommen, um nach dir zu sehen..." Ich war so ver;ngstigt, dass ich kein Wort sagen konnte. Dann hatte ich eine lange Behandlung wegen meines Schreckens, ich war im Krankenhaus...
Und das Leben ging weiter wie bisher. Er schleppte alles, was ich finden konnte, aus dem Haus, trank und jagte mich davon. Mein Vater hat mir oft geholfen. Ich habe schon meine zweite Tochter bekommen, aber es n;tzt nichts... Ich komme von der Arbeit nach Hause, kann das Haus nicht betreten, mein Mann randaliert...
Eines Tages packte ich einen Koffer und fuhr 1975 in die Stadt Pawlodar. Meine Eltern haben mir geholfen, wieder ein Haus zu kaufen. Ich habe einen Job auf einer K;lberfarm. Es war schwer. Schon am fr;hen Morgen lief man zum Hof, f;tterte die K;lber, putzte und wusch alles, brachte die kranken K;lber in die Box und behandelte sie mit den vom Tierarzt verschriebenen Methoden. Und so geht das den ganzen Tag: Du bist wie ein Eichh;rnchen im Laufrad. Aber ich f;hle mich jetzt besser.
Meine Kinder gingen zur Schule und machten ihren Abschluss an der Berufsschule. Der ;ltere hat geheiratet und einen Sohn bekommen.
Neun Jahre sind vergangen, pl;tzlich kommt er und sagt: "Verzeih mir, ich habe genug durchgemacht. Es ist alles meine Schuld, es tut mir leid...". Er weinte wie ein Baby und mein Herz taute auf, er tat mir leid, er war ein Mensch, aber ich stellte eine Bedingung: "Bis zum ersten Drink".
Zwei Monate sp;ter f;hlte er sich als Herr ;ber mein Zuhause und fing einen Streit an, ich sch;mte mich vor meinen Nachbarn. Ich verschaffte ihm einen Job, obwohl seine Papiere miserabel waren (er war f;nfmal in Behandlung), ich kaufte ihm ein Motorrad, und sein Leben wurde zum Himmel und seine F;;e zur Polizei.
Wieder zeigte mir Gottes Hand Hilfe an. F. Brandt, der Leiter der Kolchose, wohnte nicht weit von uns entfernt. Eines Tages kam er bei der Arbeit zu mir und sagte: "Maria, was denkst du, was du tun sollst, so weiterleben?" Ich weinte: "Was kann ich tun, wieder vor ihm weglaufen... Ich habe keine Kraft...". Er schlug mir vor, eine Erkl;rung an den Gemeinderat zu schreiben, was ich auch tat.
Wir wurden vorgeladen. Mein Mann erhielt als erster das Wort und sagte: "Sag mir, was los ist. Warum k;nnen Sie nicht in Frieden leben? Nun, wie es bei Russen ;blich ist, muss man sich verteidigen, indem man angreift, also ging er auf mich los... Sie haben ihn sofort zum Schweigen gebracht und ihm gesagt, dass sie schon lange f;r uns arbeitet, wir sie erst seit zehn Jahren kennen, sie ihre Kinder erzogen hat und du mir gerade gezeigt hast, wozu du f;hig bist... Sie waren f;nfmal zur Behandlung kommt, m;ssen wir wieder schicken...".
Ein Jahr sp;ter tauchte er wieder auf, sturzbetrunken. Ich wollte ihn nicht ins Haus lassen, stieg auf mein Fahrrad und sagte: "Ich hole den Polizisten aus der Nachbarschaft." Er rief mir nach: "Nein, ich werde selbst weggehen."
Danach habe ich ihn anderthalb Jahre lang nicht gesehen, aber ich habe mich jeden Tag vor seiner Ankunft gef;rchtet.
Dann gingen meine Verwandten nach Deutschland. Ich habe auch angefangen zu packen. Das ganze Dorf war aufgeregt - der Weg in ihre historische Heimat war frei.
Ich machte mir Sorgen, dass ich die Erlaubnis meines Mannes br;uchte, um nach Deutschland zu gehen, und er w;rde sie mir nicht geben, er br;uchte eine Menge Geld, und woher sollte er es bekommen? Aber Gott sei Dank, er kennt alle meine Sorgen...
Die Staatsanwaltschaft der Stadt ruft an: "Kommen Sie in die Stadt, holen Sie meinen Mann aus dem K;hlschrank. Sie fanden ihn tot am Stra;enrand. Er hatte keinen Reisepass. Anhand der T;towierung auf seinem Popo fanden wir heraus, dass er der Ihre Mann war: Auf der linken Seite rannte eine Maus, auf der rechten Seite jagte eine Katze sie.
Nun, ich musste ihn zur;cknehmen, obwohl er mir nur auf dem Papier geh;rte. Begraben. Neunundvierzig Jahre lang hatte er sein Leben ohne jegliche Verantwortung gegen;ber seiner Familie oder dem Staat gelebt. Sein ganzes Leben ist in einer Flasche Alkohol ertrunken.
Die j;ngste Tochter hat geheiratet. Arbeitete als Verk;uferin. Zu dieser Zeit hatten wir ein gro;es Haus gekauft, der Bauernhof wuchs: K;he, Schweine, Gem;segarten...
Im Jahr 1995 zogen wir mit unseren Kindern und Enkelkindern nach Deutschland. Jetzt leben wir in Frieden mit unseren Familien und brauchen nichts mehr. Ich gehe in eine christliche Gemeinschaft und preise den Herrn f;r all das, was ich durch mein Leiden und mit seiner Hilfe f;r mein Leben und das meiner Kinder erreicht habe.
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