Kommunikation mit der Au enwelt

               

Das Telefon klingelte. Ich habe das Buch aus dem Silbernen Zeitalter gelassen, das ich gerade gelesen hatte. Der Sinn der Zeilen wollte mir nicht in den Sinn kommen: "Wladimir Solowjew stand an den Anf;ngen des russischen Silbernen Zeitalters als Ahnherr der ;kumene, als Nachfolger und zugleich Vorl;ufer". Nachdem ich diesen Satz mehrmals gelesen hatte, konnte ich die Definition - ;kumene und Vorl;ufer - in meinem Wissensschatz nicht finden. Knappes Reisegep;ck.
    OK, wir k;nnen es ;berspringen. Was kommt als N;chstes? "Den Dichtern des Silbernen Zeitalters sind alle Ph;nomene der lebenden und toten Natur lieb und nah. "Ich preise den Tropfen und das Meer gleicherma;en", schreibt ein Symbolist, und ein anderer stimmt ein: "Ich m;chte sowohl den Herrn als auch den Teufel preisen..." Das ist Bl;dsinn. Ich verstehe die poetische Generation im "Silbernen Zeitalter" nicht und das war's. Ich war sogar froh, dass ich aus einer so komplizierten Analyse unsagbarer irdischer Wahrheiten herausgerissen worden war und eine Pause einlegen konnte.
Ich wusste nicht, ob die Person in der Leitung ein Russe oder ein Deutscher war, und statt des russischen "Ja!", das die Deutschen erstarren l;sst, sagte ich: "Hallo!"
  Eine gebrochene russischsprachige M;nnerstimme ert;nte aus dem H;rer:
- Ich w;rde Sie gerne kennen lernen.
- Und wer sind Sie?
- Ich bin Andrej.
- Ich kenne ihn nicht.
- Nun, ich habe bei Ihnen im Laden einen Mackintosh gekauft, und Sie sagten zu mir, als Sie mir das Wechselgeld gaben: "Wie s;; Sie sind!  Das ist das erste Mal, dass jemand so etwas zu mir sagt. Ich kann meinen Platz nicht mehr finden.
- Was soll ich denn tun? Willst du, dass ich es noch einmal mache?
- Ich hoffe, Sie sind nicht beleidigt ;ber meine Direktheit? Ich will dich als Frau. Ich m;chte Sie nur darauf hinweisen, dass ich Frauen mit Vorsicht genie;e. Sie sind wie Affen mit einer Granate, man wei; nie, wann sie sie werfen. Viele von ihnen erpressen mich, verlangen Geld. Manche rufen an, erschrecken mich, dass sie schwanger sind, und fragen, wie viel Geld ich ihnen f;r eine Abtreibung geben w;rde. Ich sagte: "Du hast danach menstruiert". "Hattest  Periode durch den F;tus", sagt sie. "Na gut", sage ich, "ich liebe Kinder, nur zu, bekommt sie.  Irgendwie hat bisher noch keine von ihnen ein Kind bekommen.
- Ja, Sie haben eine bittere Erfahrung gemacht. Und zwar eine reiche. Ich frage mich, wenn ich ja sage, welche Seriennummer werde ich dann auf Ihrer Liste der Verf;hrten bekommen?
Er lachte:
- Wie haben Sie das erraten? Es ist wirklich mein Hobby, aber was ist, wenn du die Person bist, die mein verst;ndnisvoller, mitf;hlender Freund wird?
- Mit anderen Worten, eine pers;nliche Sekret;rin? Tut mir leid, ich falle nie auf solche Unternehmungen herein. Der gesunde Menschenverstand setzt sich durch. Und habe ich Ihnen einen Grund gegeben, solche Entscheidungen zu treffen?
- Nicht wahr? Sie sagten: "Wie h;bsch du bist", oder?
- Es handelte sich um eine kostenlose Erg;nzung des Produkts, wie Trockensuppe in T;ten, mit einem Verfallsdatum. Ein Dankesch;n f;r den Kauf. Ich frage mich nur, woher Sie meine Telefonnummer haben.
- Ihr Chef hat sie mir gegeben.
- Ich w;rde Sie bitten, mich nicht mehr anzurufen, es sei denn, Sie wollen noch mehr ;rger.
- Das ist sehr schade.  Noch ein Affe mit einer Granate!
Am Telefon war ein Freizeichen zu h;ren. Kaum hatte ich mich vom Anrufbeantworter entfernt, klingelte das Telefon erneut. Der alte Deutsche Frau von unten. Das ist die Art von Person, die sich dadurch ermutigt f;hlt, mit anderen Menschen  zu skandalisieren. Dadurch steigern sie ihren Appetit und ihre Stimmung und regulieren ihren Blutdruck. Heute stehe ich offenbar auf ihrer Liste. Eine ver;rgerte, ver;rgerte und verbitterte deutsche Stimme rasselte durch den H;rer:
- Sie haben Topfblumen auf dem Treppenabsatz gepflanzt und nicht daran gedacht, dass sie Stechm;cken z;chten. Stechm;cken klettert ins Erdgeschoss und bewegt sich bereits auf meine Wohnung zu, auf meine K;che zu, in einer Armee.
- Ich werde jetzt einen Blick darauf werfen.
Ich ging zum Treppenhaus hinaus. Die Blumen standen stumm in ihren T;pfen, ver;ngstigt durch ihre gro;en, gelappten Bl;tter. Es waren keine Insekten als Untermieter zu finden. Ich ging in die untere Etage hinunter. Die Anruferin stand bereits mit ausgestrecktem Zeigefinger vor ihrer T;r. Ich richtete meinen Blick in die Richtung ihres Zeigers. Ein Schwarm getrockneter M;cken ruhte in einem Spinnennetz in der Ecke der Decke.
- Das muss weg.
- In Ordnung", stimmte ich leise zu und wollte hinzuf;gen, dass es eigentlich ihre Aufgabe war. Aber das Alter muss respektiert werden.
Wir hatten keinen Skandal. Aber die Stimmung war ruiniert. Sie hatte also doch etwas von der Energie aufgesaugt. Wahrscheinlich sitzt sie jetzt und trink bei Kaffee und Muffin.
  Ich schlug das Buch wieder auf. Wozu brauche ich diese unverst;ndliche Terminologie der Dichter - Silberschmiede, wenn daneben ein Roman von Benzoni in einem hellen, attraktiven Einband liegt.
  Nein, ich muss mich doch ;berwinden und den Sinn der Silberschmiededichter begreifen. "Der russische Symbolismus vereint die Dichter mit einer Haltung gegen;ber dem Wort als semantisch schwer zu vermittelnde Botschaft. Ein Symbol ist nur dann wahr, wenn es in seiner hieratischen und magischen Sprache der Andeutung und Suggestion etwas Unausgesprochenes ausdr;ckt...".
Ich verstehe gar nichts. Entweder bin ich v;llig ungebildet oder das Gespr;ch ist in einer Sprache, die ich ;berhaupt nicht verstehe. Ich habe sogar Kopfschmerzen bekommen.
  Das Telefon klingelte erneut. Soll ich sie abschalten? Vielleicht ist es wichtig.
- Hallo Tanya, was machst du da? - Ich h;rte die angenehme Stimme von Igor, einem alten Bekannten, der gerne mit mir ;ber das Leben spricht, wie er sagte. Im Moment war mein Leben mit "dem silbernen Zeitalter" in der Poesie besch;ftigt und nichts ;ber seine Stimmungsprobleme.
- Ich lese und schreibe...
- Wieder schreiben? Wer braucht das, was Sie schreiben?
- Wer es braucht, liest es.
- Sie schreiben nichts als Gemeinheiten. Und wenn Sashka ein S;ufer ist und Irena dich f;r deine Dienste mit verdorbenen Bonbons bezahlt hat?! Ja, wir sind alle dreckige Idioten und leben nur f;r uns selbst, indem wir uns an unsere Haut h;ngen. Aber warum dar;ber schreiben? Gut, dass du deine Namen ;nderst, sonst h;ttest du mich mit Kokosnuss l;cherlich gemacht.
- Haben Sie heute Nacht nicht gut geschlafen, oder hat Ihre Frau Sie nicht gelassen?
- Ich habe gut geschlafen, aber ich bin erstaunt. Im Leben bist du bescheiden, sch;chtern, hilfsbereit, aber in Geschichten bist du hart, direkt, ich w;rde sogar sagen grausam.
- Ich schreibe, was ich sehe. Und was ich bis jetzt sehe, ist das, was ich schreibe.
- Ich wei;, Sie w;nschen sich eine rosige Welt, strahlende Liebe, einen bl;henden Garten und keine Krankheiten. Also schreiben Sie dar;ber.
- Und wozu? Ich schreibe nicht ;ber die Realit;t, damit die Leute sie lesen und an einem Klumpen Groll ersticken, nachdem sie sich selbst erkannt haben. Ich m;chte, dass die Menschen ihre Schw;chen von au;en betrachten und sich verbessern.
- Es ist, als ob du perfekt w;rst...
- Sie werden es nicht glauben, aber ich mag mich ;berhaupt nicht.
- Also gut, schreiben Sie. Es liest sowieso niemand deine Sachen. F;r einen Gefangenen ist es wie Folter, fr;her zu gestehen, f;r eine Frau wie ein verk;mmerter Penis.
- Sie meinen Ihre?
- Das ist immer so. Ich will mit Ihnen wie mit einem Menschen reden, und Sie schlagen mir ins Gesicht.
- Schlagen Sie mich mit dem, womit Sie geschlagen werden.
Ich h;rte einen Klingelton am Telefon. Nein, es ist ein eher nicht ruhiger Tag. Ich kann mir kein silbernes Zeitalter vorstellen. ;brigens, was kommt als N;chstes? Vielleicht k;nnten die Begriffe und Ausdr;cke einfacher und b;rgern;her sein.
"Das Silberne Zeitalter ist gepr;gt von Mystizismus, Nietzscheanismus und einer Glaubenskrise. Die Poesie wird zu einer Sublimierung des geistigen Unwohlseins...". Ich rieb mir die Stirn. Vielleicht sind Annenskys Gedichte der eigentliche Sinn des Silbernen Zeitalters:
"Sollen wir uns nie wieder trennen?
Und die Geige antwortete mit Ja,
Aber das Herz der Geige schmerzte...

Das Telefon klapperte, als wollte es mich warnen: Nimm es nicht! Ich habe das Telefon vom Hebel genommen.
- Tanya, du hast keine Ahnung, wie w;tend ich bin. Jetzt rief ich diese bl;de Firma an, das Heiratsamt, und sagte alles, was ich dar;ber dachte.
- Olga, du? Hallo.
- Oh, Hallo. Kannst Du dich vorstellen, dass sie ;ber M;nner schreiben: "Schlank wie eine Zypresse, freundlich wie Carlson und sanft wie Romeo". In Wirklichkeit sind es nur Idioten, die Werbung machen. Ich habe einen Termin mit einem gemacht. Er sagte, er sei f;nfzig Jahre alt. Und als ich ihn am Bahnhof in seiner idiotischen wei;en Hose mit einem Fleck auf dem rechten Knie sah, wurde ich fast ohnm;chtig. Er ist achtundsechzig Jahre alt und humpelt auf einem Bein. Ist dieser Narr zu fassen? Er prahlte damit, wie gut er kochen konnte, aber er brate Kartoffeln und ;ffnete Dosen. Er griff nach der Flasche und trank sie fast zur H;lfte aus. Ich wollte nicht bis zum Ende warten, weil ich dringende Angelegenheiten zu erledigen hatte, und bin weggelaufen. Gut, dass es nicht ins Bett kam, sonst h;tte ich mich einen Monat lang ;bergeben m;ssen. Dann habe ich einen Termin mit jemand anderem vereinbart. Am Telefon sagte er, er w;rde mich bis die Knie k;ssen, wenn wir uns treffen. "Warum nur bis zu meinen Knien, aber h;her?" - Ich war beleidigt. "Ich wollte eigentlich ganz oben anfangen. Ich hoffe, Sie sind auch sexuell aufgekl;rt?" "Das hoffe ich", sagte ich... "Na gut, wir treffen uns und finden es heraus." Angekommen. Gro;, anst;ndig aussehend. Ich brachte ihn nach Hause, f;tterte ihn, brachte ihn ins Bett, und am n;chsten Tag sagte er mir: "dass ich von echtem Sex weit entfernt sei. Wenn ich nur w;sste, wie andere das machen..." Kurz gesagt, er warnte mich davor, eine T;te mit Ramsch zu packen, da er beabsichtigt, mehrere andere Adressen zu besuchen, von denen zwei in Amerika liegen, und dann eine Entscheidung zu treffen. Bastard, was f;r eine Zeitverschwendung f;r dieses ausgestopfte Tier...
- Sind Sie es nicht leid, mit zweifelhaften Bekannten zu experimentieren? Ich verstehe, wenn es um die Registrierung geht. Aber Sie haben einen deutschen Pass und die deutsche Staatsb;rgerschaft. Dann Ihre Tochter. Sie bringen Ihr Leben und das Leben des Kindes in Gefahr.
- Ich will die Liebe. Wenn man vierzig ist, f;ngt das Blut an zu flie;en.
- Lassen Sie mich einen Artikel ;ber Sie in der Zeitung schreiben und andeuten, dass es sie nichts ausmachen w;rde, Sie kennen zulernen. Das macht die Sache ernster.
- Ich werde es tun. Ich werde morgen mein Foto und meinen Lebenslauf schicken.
- Sie m;ssen keinen Lebenslauf und keine Erkl;rung schicken. Bleiben wir leicht lyrisch. Ich gehe von Ihren Hobbys aus: Reiten und H;hnerzucht auf dem Land.
- Und alle Sammelbauern werden zu mir kommen...
- Schauen Sie sich Ihre Nachbarn doch einmal genauer an. Es ist gut m;glich, dass das Gl;ck heruml;uft.
Mit einem schweren Seufzer legte Olga auf. Ich kochte mir einen Tee und gab einen Beutel mit Tee in das kochende Wasser, wor;ber mein Vater immer sagte: "Teebeutel sind der Abfall, der sich nach dem Sortieren der Teebl;tter auf dem Boden sammelt".
Das Telefon klingelte mit einer flehenden, fordernden Melodie. Ich sp;rte intuitiv, dass mein Sohn am anderen Ende der Leitung war.
- Hallo!", streckte ich mich, zog die Saiten meiner Stimme zu einem h;flichen, intelligenten Ton an und r;usperte mich vorher. Wer wei; was und wer? Was, wenn der Chef von der Arbeit oder der Zeitung..?
- Mama", h;rte ich die Stimme meines Sohnes, "ich brauche Geld.
- Geld braucht man jeden Tag, und es f;llt nicht einfach vom Himmel. Wenn Sie so dringend Geld brauchen", ;nderte ich meinen h;flichen Ton in einen mahnenden, "dann verdienen Sie es.
- Ich hasse dich.
- Heute hassen mich alle. Was soll ich tun, in den Fluss springen? Sitzen da und hassen mich, aber ich habe keine Zeit. Ich muss arbeiten, damit ich nicht um etwas bitten muss, und ich muss euch alle lieben.
- Das war ein Scherz. Ich liebe dich auch sehr. Ich bin froh, dass du meine Mutter bist. Aber ich brauche das Geld wirklich. Daf;r sp;le ich viermal ab im Tag.
- Einverstanden. Du wei;t, wie sehr ich den Abwasch hasse. Egal, wie oft ich sie gesp;lt, sie liegen immer noch auf dem Tisch...
Ich habe das Buch im Schrank versteckt. Schlie;lich ist das Silberne Zeitalter nicht das Goldene Zeitalter. Und es ist auch kein guter Tag. Wie mein Onkel sagt: "Wenn du morgens nicht damit durchkommst, gehst du besser schlafen."
  Ich habe das Telefon ausgeschaltet und im Bett gegangen. Jeder soll seine Emotionen vorerst f;r sich behalten.