Es war einmal ein Zar mit dem Feuervogel
Ein Tag vergeht, zwei, eine Woche verstrich, ein Monat flog dahin, doch Vaeterchen Zar kann sich noch immer nicht sattsehen am Feuervogel. Die Staatsgeschaefte sind mit Brennnesseln ueberwuchert, bei den Bauern haben sich Steuerschulden angehaeuft, Tmu-Tarakan regte sich erneut, und der Statthalter von Tschernigow wurde bei aufruehrerischen Reden ertappt, doch dem Zaren war alles einerlei. Den ganzen lieben Tag verbringt er im Garten und spielt mit dem Feuervogel wer-zuerst-blinzelt.
Muetterchen Zarin aber hasste den Feuervogel und ersann einen Plan, ihn zu vernichten, ihn aus der weissen Welt zu schaffen. Muetterchen Zarin rief den Premier-Bojaren, den werten Michajlo Potapytsch, zum Rat der Verschwoerung.
Schoene Maedchen tanzen auf der gruenen Aue den Reigen, wie anmutige Schwaene schweben sie ueber das weiche Gras, schwenken ihre verzierten Aermel wie Fluegel. Und unter den Schwaenen die ersten Schoenheiten, die Prinzessinnen – Klawa und Glascha. Noch klein sind sie, doch wie lieblich. Muetterchen Zarin bewundert die Schwaene, blickt auf ihre Toechter – sie laechelt, oder sie weint gar ein wenig, der eigenen Maedchenzeit gedenkend. Ploetzlich hoert sie hinter ihrem Ruecken die Stimme des Premier-Bojaren.
-- Was beliebt Euch, Muetterchen Zarin? Was begehrt Eure Majestaet von Eurem demuetigen Knecht?
Muetterchen Zarin wandte sich um, nahm den Premier-Bojaren am Arm und fuehrte ihn in eine Laube, die von wilden Rosen und Efeu umrankt war.
-- Wisst Ihr, Michajlo Potapytsch, dass Vaeterchen Zar, Gott schenke ihm viele Jahre und Nachkommen, sich ein abscheuliches Huhn zugelegt hat?
Der Premier-Bojar seufzte und sprach:
-- Ich weiss es.
Die Zarin aber fuhr fort:
-- Wisst Ihr, dass Vaeterchen Zar, mein ueber alles geliebter Gemahl, die Staatsgeschaefte vernachlaessigt hat, den Garten nicht mehr verlaesst, als laege ein Zauber auf ihm?
Wieder seufzte der Bojar:
-- Ich weiss es.
Muetterchen Zarin blickte ihn milde an:
-- Es scheint also, Michajlo Potapytsch, dass wir dieses Huhn vernichten muessen.
Der Bojar kratzte sich am Baertchen und schneuzte sich in ein spitzengesaeumtes livlaendisches Tuechlein.
-- Ist das Aufruhr?
Die Zarin wunderte sich:
-- Wie kommt Euch, Michajlo Potapytsch, solch ein Unfug nur in den Sinn? Das ist kein Aufruhr, sondern eine tatkraeftige Unterstuetzung fuer das Reich.
Der Premier-Bojar antwortete nichts, er nickte nur zustimmend.
-- Euer Rat wird gebraucht, Bojar, wie man den verfluchten Feuervogel ausmerzt, bevor er uns ausmerzt.
Der Premier-Bojar geriet tief ins Gruebeln und sagte:
-- Es gibt drei Moeglichkeiten. Die erste...
Muetterchen Zarin laechelte und beruehrte die Schulter des Bojaren.
-- Eure Reden, Michajlo Potapytsch, kenne ich im Voraus. Der Schmied wird gar nicht gebraucht. Was haette ich fuer einen Nutzen von seinen beschlagenen Floehen. Marfa die Kunstfertige wird spaeter vonnoeten sein. Sagt mir lieber dies – ist der tapfere Schuetze gefunden worden?
Der Premier-Bojar stockte bei der Antwort. Er kratzte sich an seinen gepruegelten Flanken.
-- Er wurde gefunden, Muetterchen Zarin, erst gestern wurde er gefunden. Ich hatte noch keine Zeit, dem Vater Zar davon zu berichten.
Suesser als Honig fliesst das Stimmchen der Zarin:
-- So wartet doch ein Weilchen, berichtet nicht. Warum den Vater Zar wegen einer unbedeutenden Angelegenheit beunruhigen.
Ein weiteres Mal kratzte sich der Premier-Bojar an seinen von der Peitsche gezeichneten Flanken. Er blickte finster drein und sagte:
-- Verzeiht, Muetterchen Zarin, doch ich muss es der Instanz melden.
Die Zarin runzelt die Stirn im Zorn.
-- Und wenn ein Krieg mit dem Unglaeubigen ausbricht, oder mit dem Livlaender, oder mit einem anderen Feind, wer wird das Heer in den Feldzug fuehren? Ihr etwa, Ihr raeudiger Hund? Man wird Euch beim ersten Scharmuetzel gefangen nehmen und auf einen Pfahl spiessen. Das ist etwas anderes, als Peitschenhiebe im Stall zu kosten.
Der Premier-Bojar fiel nieder und schrie in grosser Angst:
-- Was soll ich tun, Muetterchen Zarin?!
Die Zarin hob den Bojaren von den Knien auf und setzte ihn auf die Bank.
-- So ist es besser. Bringt den tapferen Schuetzen in meine kleine Kammer. Heimlich vor allen sollt Ihr ihn bringen.
Dabei blieb es.
Iwan der Narr, der tapfere Schuetze, war stattlich und wohlgestaltet. Von hohem Wuchs, das Antlitz hell, die Locke kraus, die Brust gewoelbt. Von der schwarzen Schirmmuetze, die er schief trug, bis zu den roten Saffianstiefelchen – pure Stattlichkeit und Anmut. Mit einem Wort – ein wie gemalter Schoenling. Es gab kein Maedchen in der Residenzstadt, und keine junge Frau, die sich nicht nach dem Schuetzen verzehrte, sei es heimlich oder offen.
Iwan stemmte die Haende in die Hueften, schuettelte seine Locken und zwinkerte Muetterchen Zarin mit dem rechten Auge zu.
Die Zarin laechelte.
-- Du, Iwan, lass deine schuetzenhaften M;tzchen an der Schwelle des Terems. Fuer eine Sache habe ich dich gerufen, nicht fuer etwas anderes.
Da fiel Iwan der Narr auf die Knie und begann sich zu verneigen wie ein chinesischer Wackelkopf.
Die Zarin aber sagte:
-- Steh auf, Iwan, und hoere zu. Der Zar besitzt einen auslaendischen Feuervogel, doch es ist kein Vogel, sondern eine Hexe. Du hast eine staatliche Aufgabe, Iwannuschka. Du musst diesen Vogel mit einem Pfeil erschiessen oder ihn auf andere Weise ausloeschen. Ist dir alles klar?
Wanja reckte die Brust heraus, stellte ein Bein im Saffianstiefel vor und spielte mit seinem Guertel.
-- Alles klar, Muetterchen Zarin. Den Feuervogel ausloeschen. Was gibt es da nicht zu verstehen. Gestern Nacht, als ich in meinen Junggesellenangelegenheiten unterwegs war, habe ich ihn gesehen. Jede Woche fliegt der Feuervogel auf die Wiesen, um im Tau zu baden. Offenbar sehnt er sich, der Arme, nach der weiten Freiheit. Dort auf der Wiese werde ich ihn mit einem Pfeil erschiessen. Bin ich etwa kein Schuetze!
Die Zarin seufzte schwer.
-- Die Leute sagen, wenn dieser Vogel jemanden ansieht, so nimmt er ihn auf ewig mit seinem Zauber gefangen.
Wanja blinzelt, er begreift es nicht, doch die Zarin erklaert:
-- Wie willst du dich, Iwannuschka, vor seinem Zauberblick schuetzen?
Der Schuetze grinste.
-- Das ist einfach. Man kann sich die Augen verbinden...
Die Zarin schuettelte verneinend den Kopf.
-- Nein. Dann von hinten heranschleichen.
Zum zweiten Mal schuettelte die Zarin den Kopf.
Iwan dachte nach und schreckte auf.
-- Ich weiss es. Die Harfenspieler haben neulich auf dem Jahrmarkt erzaehlt: In uralten Zeiten lebte ein glitschiges Ungeheuer namens Gondou...
-- Gorgon. Die Medusa Gorgon.
-- Was?
-- Nichts. Erzaehl weiter.
Doch Iwan schwieg.
-- Was ist los, Wanja?
-- Ich habe vergessen, Muetterchen Zarin, an welcher Stelle ich stehen geblieben bin.
-- Beim Gondou, Wanjatscherka.
-- Tja. Ich gehe durch den Wald. Urwald-Dickicht, Baumstuempfe, auf einmal, sieh da, steht ein Baer auf der Lichtung, drei Arschin gross, und in der Pranke haelt er einen Gondou...
Muetterchen Zarin brach in Gelaechter aus. Sie lacht und lacht, sie kann nicht aufhoeren. Als sie ausgelacht und sich die zaerischen Traenen von den rosigen Wangen gewischt hatte, sprach sie:
-- Es ist wahr, was die Maedchen klatschen, dass dein ganzer Verstand in den Beinkleidern nistet. Also, was ist mit der Medusa Gorgon, tapferer Schuetze?
-- Tja. Der Blick des Ungeheuers war magisch. Wen es ansieht, der wird zu trockenem Holz und verbrennt ganz. Angst und Schrecken verbreitete dieses Ungeheuer und frass Jungf... Jungf... naja, Jungfrauen eben. Und in jenen uralten Zeiten lebte ein wohlgestalteter Juengling, so wie ich, namens Paris.
-- Wer, wer?
-- Paris. So hiess der Juengliche. Und da hat er sich was ausgedacht. Er band sich einen Spiegel an den Schild und ging gegen das Ungeheuer kaempfen. Er sieht das Ungeheuer, aber das Ungeheuer kann ihn mit seinen Glotzaugen nicht erblicken. So hat er es getoetet. Ich habe mir gedacht: Ich mache es wie dieser Paris, nehme einen Spiegel und erschiesse den Feuervogel.
Die Zarin klatschte vergnuegt in die Haende.
-- So soll es sein. Geh, Wanjatscherka. Schaerfe die Pfeile, und wenn es dunkel wird, komm in meine Kammer. Den Spiegel gebe ich dir fuer den Schild und dazu die letzten Anweisungen. Klopf an die Pforte, Dunjascha wird dich fuehren. Alles verstanden, mein Paris? Wiederhole es.
-- Alles verstanden. Pfeile schaerfen, an die Pforte klopfen, Dunjascha fuehrt mich. Nur bin ich nicht Paris, Muetterchen Zarin. Paris ist der Juengling, der gegen den Gondou...
Muetterchen Zarin winkte lachend ab.
-- Geh schon, geh.
Drei Naechte lang, sobald es dunkel wurde, ging der tapfere Schuetze zuerst zu Muetterchen Zarin und legte sich danach in den Hinterhalt. In der vierten Nacht aber, siehe da, fliegt der Feuervogel auf die Wiesen. Wanja sprang auf sein Roesslein und jagte dem Feuervogel nach. Der Feuervogel fliegt, das Ross galoppiert, der Mond scheint, die Baeume fliegen vorbei. Der Feuervogel kam an, fiel in den Tau und verwandelte sich in ein wunderschoenes Maedchen. Wanja aber hatte den Spiegel an einer Birke befestigt, spannte die Sehne und schoss seinen Pfeil ab, doch er vergaas ganz, dass er auf ein Spiegelbild schoss.
Das Glas klirrte, das Maedchen erschrak, sah sich nach dem Geraeusch um und ging auf Wanja zu. Wanja aber, nicht dumm, presste die Handflaechen auf die Augen, warf sich ins hohe Gras und versteckte sich, in der Hoffnung, sie wuerde ihn nicht finden. Immer naeher kamen die leisen Schritte, und Wanja hoerte eine sanfte Stimme:
-- Sieh mal an, das ist doch Wanja der Schuetze. Ich habe dich schon lange erwartet. Nun gruess dich, Wanjatscherka.
Und Wanja brummte in die feuchte Erde:
-- Gruess Gott, Gondou.
Das Feuerm;dchen aber liess nicht locker:
-- Was? Was brummst du da? Steh auf, Wanja, du erkaeltest dich noch. Man hat nur Scherereien mit dir.
Widerwillig erhob sich Wanja, doch die Augen oeffnete er nicht, und das Maedchen wich nicht von der Stelle:
-- Zeig dein Gesicht, Wanja. Ich fresse dich schon nicht, ich bin doch nicht die Medusa Gorgon.
Noch fester presste Wanja die Haende auf die Augen:
-- Was?
-- Nichts. Ich werde dir, Wanja, mein Geheimnis offenbaren. Ich bin gar kein Vogel, sondern ein Maedchen, die geliebte Tochter des persischen Khans, und man nennt mich Suleika Hanum. Ein boeser Dschinn hat mich in einen Feuervogel verwandelt und verzaubert...
Und Wanja denkt bei sich: "Was fuer einen Unsinn sie doch schwaetzt. Wie kann starker Schnaps ein Maedchen in einen Vogel verwandeln?"
-- ...Ein Zauberer nach eurer Art. Und dieser Zauberer hat bestimmt, dass der Bann flieht, wenn ich jemanden lieben lerne, dessen ich mich schaeme. Ich habe dich lieben gelernt, Wanja. Auch wenn man dich einen Narren nennt, auch wenn du ein Schuerzenjaeger ersten Ranges bist, so ist es wohl das Schicksal – ich liebe dich. Heute war ich zum letzten Mal in Federn. Es gibt fuer mich kein Zurueck mehr. Zeig dein Gesicht, du Idiot, wirf wenigstens einen halben Blick auf mich. Ist es dir denn gar nicht eigen, wer vor dir steht?
-- Nein, nein, -- weint Iwan, -- ich will kein trockenes Holz sein.
Das Maedchen aber tritt immer naeher. Und sie begann jene Stelle zu streicheln, die ein sittsames Maedchen nicht streicheln darf. Sie streichelt und sagt dazu:
-- Die Leute schwaetzen: Der Zar sei schoener und rosiger. Ich glaube das nicht, aber die Leute luegen viel.
Iwan hielt es nicht mehr aus, nahm die Haende weg, oeffnete die Augen und war sprachlos. Ein Maedchen von ungekannter Schoenheit steht vor ihm, ganz ohne alles, nur eine kleine Feder des Feuervogels ist in ihrem dichten Haar haengengeblieben. Das Maedchen laechelte, als ginge die Sonne auf.
-- Und nun, Wanjatscherka, gestehe aufrichtig. Liebst du mich?
-- Ich liebe dich, Suleika Hanum, mehr als mein Leben.
Sprach Iwan und griff bereits nach den saftigen, prallen Bruesten. Wieder laechelte Suleika, nahm seine Haende, legte sie auf ihre Brueste und sprach:
-- Dann kuess mich, Wanjatscherka.
Wanja kuesste Suleika, und sie waelzten sich im hohen Gras, im kalten Tau. Am Morgen aber sagte Suleika:
-- Und nun, Wanja, muessen wir fliehen.
Iwan oeffnete die Augen aus seinem reckengleichen Schlummer.
-- Warum?
-- Darum, du mein ueber alles geliebter Narr, weil deine Zarin und mein Zar uns beide gemeinsam aus der Welt schaffen wollen. Wir fliehen zu meinem Vater, dem persischen Khan. Aber wehe dir, Wanjatscherka, wenn du dir einen Harem zulegst.
Wanja reckte sich und gaehnte suess.
-- Was ist denn das?
-- Versprich es einfach, ich erklaere es dir spaeter.
Iwan rieb sich die verschlafenen Augen.
-- Ich verspreche es.
Suleika fand das im Gebuesch versteckte Buendel mit Kleidern. Sie legte ein Maennergewand an. Sie stiegen auf das Roesslein und galoppierten davon zum persischen Khan.
Am Morgen aber erwachte Vaeterchen Zar nicht bei bester Laune. Er ging in den Garten, griff zu – doch kein Feuervogel war da. Wo ist der Feuervogel? Niemand weiss es. Bringt den Oberstallmeister her.
-- Wo ist der Feuervogel?!
Klatsch, klatsch, links und rechts eine Ohrfeige.
Der Stallmeister schreit, er gesteht nicht:
-- Ich weiss von nichts, ich habe nichts gesehen!
Bringt den Hauptmann der Wache her.
-- Wo ist der Feuervogel?
Batz, batz auf den Schaedel.
Der Hauptmann der Wache kreischt, er streitet alles ab:
-- Da war er noch! Der Unglaeubige hat ihn wohl geraubt!
Batz, batz auf den Schaedel. Beinahe haette er ihn erschlagen, doch er war schon vom Stallmeister erm;det.
Vaeterchen Zar verschnaufte, doch er zuernte nur noch mehr als zuvor.
Bringt mir den Premier-Bojaren her. Wo ist der Premier-Bojar? Er ist nicht da. Niemand ist zu schlagen oder zu befragen. Das Gesindel aus dem Weissen Terem ist davongelaufen, hat sich in allen Winkeln und Gassen verkrochen.
Vaeterchen Zar trat vor das Tor. Wen er trifft – klatsch, klatsch ins Gesicht.
-- Wo ist der Feuervogel?
Wen er einholt – batz, batz auf den Kopf.
-- Wo ist der Premier-Bojar?
Beinahe haette er die ganze Hauptstadt erschlagen, doch der Schmied wies dem Vaeterchen Zar den geheimen Schlupfwinkel von Michajlo Potapytsch. Vaeterchen Zar packte den Premier-Bojaren mit maechtiger Rechten und zog ihn am Ohr ans Tageslicht.
Klatsch, klatsch, batz, batz.
-- Gesteh, du Wolfsfraas, wo ist der Feuervogel?
Der Premier-Bojar aber weint und jammert, waelzt sich im Strassenschaub und kreischt wie ein abgestochenes Schwein.
-- Lass mich nicht umkommen, Vater Zar! Hab Erbarmen mit meinen kleinen Kindern! Ich bin nicht schuld! Muetterchen Zarin war es, sie hat mich angestiftet!
Der Zar hoerte auf, den Bojaren mit toedlichen Schlaegen zu traktieren.
-- So ist das also.
Und er rannte in den Terem von Muetterchen Zarin.
Die Zarin aber lehrte zu dieser Stunde die Toechter chranzoesische Weisheit, denn sie war von chranzoesischem Gebluet.
Da tritt der Zar, finsterer als eine Gewitterwolke, in die Kammer und klagt:
-- Was besudelt Ihr, Erdenweib, meinen Namen. Nicht genug, dass Ihr mit Stallknechten und Pagen meinen ehrbaren Ruf in allen Winkeln zerredet, nun habt Ihr Euch auch noch angewoehnt, Feuervoegel zu stehlen.
Muetterchen Zarin blickte ihn an:
-- Pfui, Eure zaerische Majestaet, wie baeuerisch Ihr doch sprecht. Ihr solltet Euch vor den Kindern schaemen. Wie oft habe ich es Euch gelehrt – Ehebruch (Adultere). Nun wiederholt es, Vater Zar.
-- Ehe... Ehe... pfui, was fuer ein Unflat. Kurz gesagt, Sophie Karlowna, gesteht unverzueglich – wo ist der Feuervogel.
Muetterchen Zarin aber wandte sich zu den Prinzessinnen:
-- Maedchen, geht ein wenig spazieren. Schwebt als weisse Schwaene ueber die Aue, wir muessen mit Papa ein Wort reden.
Bittere Reden fuehrt der Zar ueber sein verpfuschtes Leben, die Zarin aber nimmt ihn am Ellbogen und schiebt ihm demuetig ein Kompromat-Bildchen unter. Der Zar runzelt die Stirn und deutet mit dem Finger auf das Bild.
-- Wer ist das?
Die Zarin antwortet ihm:
-- Das ist dein ueber alles geliebter Feuervogel. Er hat sich in ein gewoehnliches liederliches Mensch verwandelt. Sieh nur, wie sie sich herausgeputzt hat, die Schamlose.
Finsterer als eine Gewitterwolke wurde Vaeterchen Zar.
-- Und wer ist das, der seine gierigen Haendchen nach ihr ausstreckt?
-- Das, Eure Majestaet, ist Iwan der Schuetze, der groesste Schuerzenjaeger der Residenzstadt. Ich habe es selbst geprueft.
Da schrie der Zar in schrecklichem Zorn:
-- Ach, du Ehebrecherin! Ach, du Verraeter! Sattelt die Pferde! Ich werde sie mit Peitschen zu Tode schlagen!
Muetterchen Zarin aber sprach milde:
-- Wohin willst du reiten, so spaet am Abend. Komm lieber ins Schlafgemach, ich zeige dir andere schandbare Bildchen. Morgen ist auch noch ein Tag. Am Morgen gebe ich dir das Knaeuel von Marfa der Kunstfertigen. Es wird die Fluechtlinge einholen.
In dieser Nacht liebte Vaeterchen Zar das Muetterchen Zarin heiss und mehr als einmal. Und als das rote Sonnlein seine lebenspendenden Strahlen ueber die weisse Welt ausbreitete, trat der Zar auf die Freitreppe. Er stampfte mit dem Fuss auf, pfiff so kuehn, dass die Kraehen von den Glockentuermen aufflogen und kr;chzend kreisten. Der Zar stieg auf sein Ross und galoppierte mit seinem Gefolge zur Verfolgung davon. Muetterchen Zarin aber winkte ihm aus dem geschnitzten Fenster mit einem weissen Tuechlein zu, als wolle sie sagen: Kehr bald zurueck.
Gegen Abend kehrte Vaeterchen Zar heim, doch unverrichteter Dinge. Das Hexenwerk hatte versagt. Das Knaeuel hatte sich in drei Kiefern verheddert, war im Dornengebuesch zerrissen, vom Abgrund gestuerzt und ertrunken. Und damit war die Spur verwischt.
Neun Monate spaeter gebar Muetterchen Zarin einen rechtmaessigen Erben. Der Zar ist voller Freude, das gemeine Volk jubelt, die Bojaren sind zufrieden. Und der Prinz ist so wohlgestaltet: das Antlitz hell, das Haar kraus – ganz das Ebenbild von Vaeterchen Zar.
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